Tipps für einen schönen Tag in Berlin Weißensee

Tipps für einen schönen Tag in Berlin Weißensee

Berlin Weißensee gehört zu den Stadtteilen, durch die man durchfährt, anstatt anzuhalten. Das ist ein Fehler! Meine Tipps für einen schönen Tag in Weißensee:

Geh mal wieder ins Kino

Ich starte meinen Rundgang am Antonplatz, wo ich mit Anne verabredet bin. Anne ist in Weißensee geboren und in der Charlottenburger Straße aufgewachsen. Sie hat in diesem Bezirk mit 14 Jahren die Wende erlebt und kennt Weißensee aus der Westentasche. Direkt am Antonplatz steht seit 1920 das Toni Kino. Es ist eines der letzten etwas altmodischen Kinos, in dem die Filme noch mit Liebe ausgesucht werden und du mit Abreißkarte in der Hand freie Platzwahl hast. Wer ein bissschen Nostalgie-Kino möchte, der ist im Kino Toni genau richtig.

Kino in Berlin Weißensee

Die Geschichte von Weißensee

Vom Antonplatz gehen wir ein Stück in die Max-Steinke-Straße und gelangen durch eine Toreinfahrt zu einem Spielplatz hinter der ehemaligen Feinkostfabrik von Weißensee. Früher roch die ganze Gegend nach geräuchertem Fisch, heute erinnern nur noch die Mosaikfiguren auf dem Spielplatz an die Feinkostartikel. Leider ist die einstige Informationstafel nicht mehr da und so wissen die wenigsten, warum hier überhaupt ein Fisch steht.

Bis 1486 war Weißensee ein Rittergut und der Antonplatz, auf dem wir gestartet sind, ein Marktplatz mit Springbrunnen in der Mitte. Die Bevölkerung wuchs, die Landgemeinde Neuweißensee entstand und die damals typischen einstöckigen kleinen Häuschen wurden gebaut. Weißensee war anfangs eine Arme-Leute-Gegend vor den Toren Berlins. Der Umbruch kam 1872 mit dem Spekulanten Gustav Adolf Schön. Er kaufte das gesamte Rittergut Weißensee, teilte das Land in einzelne Parzellen auf und verkaufte diese gewinnbringend weiter.

buergerhaeuser in Berlin Weißensee

Damit begann der Wandel von Neuweißensee zum Berliner Arbeiterviertel und Industriestandort. Die ersten mehrstöckigen Mietshäuser wurden gebaut, einfach ausgestattet ohne Gas- und Wasseranschluss, oft dreistöckig ohne Seiten- und Querflügel für minimale Ansprüche. Die Traufhöhe der Häuser lag damals bei ca. 25 Metern, denn so hoch waren die Feuerwehrleitern. Hinterhöfe wurden noch nicht gebaut, es herrschte noch kein Platzmangel.

Die Fassaden der Mietshäuser orientierten sich stucküberladen an den Palästen der damaligen Zeit. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts änderte sich der Baustil hin zu den Vorgängern der Industriearchitektur. 1920 hatte Weißensee bereits 45.000 Einwohner und wurde von Berlin eingemeindet. Es gab zwei Kirchen, die katholische St.Josef Kirche und die evangelische Bethanienkirche.

Kirchturm Berlin Weißensee

Den mächtigen Turm der Bethanienkirche siehst du schon von Weitem, das ist aber auch alles, denn der Rest der Kirche wurde im Zweiten Weltkrieg weggebombt. Der Turm steht auf dem Mirbachplatz und hier befindet sich auch das schöne Café Mirbach, perfekt für eine kurze Pause.

Das Munizipalviertel

Der erste Bürgermeister von Berlin Weißensee war Dr. Karl Wölck. Er hatte das Ziel, mit den Fabriken auch das Großbürgertum nach Weißensee zu holen. Er wollte damit das Ansehen dieses Stadtteils steigern, es vom Arme-Leute-Image befreien. Um das zu erreichen, holte er den Architekten Carl James Bühring nach Weißensee. Nach seinen Plänen wurde das Munizipalviertel gebaut. Die roten Backsteinhäuser liegen nicht weit von der Bethanienkirche an der Woelckpromenade. Das Frei-Zeit-Haus am Kreuzpfuhl, ein herrschaftliches Gymnasium und einige einzelne Bauten sind die Überreste des einstigen Zentrums von Neu-Weißensee und heute eine begehrte Wohngegend. Anfang des 20. Jahrhunderts stand hier auch eine große Stadthalle für Veranstaltungen und mit etwas Fantasie kann man sich gut vorstellen, wie das Berliner Bürgertum einst hier flanierte.

Die falschen Holländer

Gleich um die Ecke vom Munizipalviertel in der Schönstraße liegt das Holländerviertel. Im Gegensatz zum gleichnamigen Viertel in Potsdam haben hier keine Holländer gewohnt, es war einfach nur „in Mode“ diese Häuser zu kopieren. Ein Blick in den idyllischen Innenhof lohnt sich. Der Lärm der Großstadt bleibt draußen und das Pferd steht laut Anne schon seit Jahrzehnten an seinem Ort.

Im Goldfischteich baden die Hunde

Nicht weit vom Holländerviertel liegt etwas versteckt der Goldfischteich. Ein verträumter Tümpel mit Seerosen und umringt von alten Bäumen. Hier lassen die Weißenseer gerne ihre Hunde baden.

Goldfischteich Berlin Weißensee

Im Weißen See baden die Menschen

Was die Hunde lieben, das lieben natürlich auch die Menschen. Weißensee hat im Gegensatz zu vielen anderen Stadtteilen von Berlin zahlreiche Seen und Teiche zu bieten, der bekannteste ist natürlich der Namensgeber des ganzen Viertels, der Weiße See mit stattlicher Fontäne in der Mitte. Am Ufer tummeln sich die Badegäste, in der Milchbar nimmt platz, wer eine Erfrischung möchte. Besonders nett finde ich es im Strandbad Weißensee. Wo kannst du in Berlin unter Palmen baden? Wer nur die Terrasse nutzen möchte, zahlt übrigens keinen Eintritt. Das ist Vertrauen! Ein Blick auf die Website des Freibades ist nicht verkehrt, denn es gibt viele Veranstaltungen.

Der jüdische Friedhof

Vom Strandbad Weißensee überqueren wir die Berliner Allee, jene Achse die Weißensee durchschneidet. Unser Ziel ist der jüdische Friedhof. Was ich bisher nicht wusste, dieser Friedhof ist der größte jüdische Friedhof Europas. Männer müssen sich beim Betreten eine Kippa aufsetzten, die am Eingang verliehen werden. Hunde sind nicht erlaubt und aus Sicherheitsgründen auch keine Kinderwagen. Die Grabsteine stehen dicht an dicht, die Bäume darüber werfen ihren Schatten. Der Ort strahlt etwas Zeitloses aus. Ich gehe an den alten Gräbern vorbei, lese Namen und Jahreszahlen. Die meisten Juden, die hier ruhen haben den Holocaust nicht erlebt, weil sie bereits vorher gestorben sind. Aber es finden sich auch Gräber, die als Todesort Theresienstadt oder Bergen-Belsen nennen. Manche Grabsteine zeigen Einschusslöcher vom Zweiten Weltkrieg. Der Friedhof ist schön und traurig zugleich. Er lässt mich nachdenken über das Leben, die Zeit und die Zukunft. Wenn du Friedhöfe magst, dann plan mindestens eine Stunde für deinen Besuch ein.

Neu im Kiez: Bio-Essen im Restaurant Mandelbaum

Zurück ins Leben. Nicht weit vom Friedhof entfernt hat ein Biorestaurant eröffnet und Insider sagen, es ist eines der besten Restaurants von Weißensee. Im Sommer kannst du draußen sitzen und dem gemütlichen Treiben auf der Bizetstraße zusehen.

Verdammt lecker: das Café Süße Flora

Wenn dir mehr nach etwas Süßem ist, dann empfehle ich dir das extrem nette Café Süße Flora. Der Name ist Programm, denn die kleinen Kuchen und Cupcakes sind extrem lecker. Die Einrichtung ist wirklich nett und die Bedienung sowieso.

Tipps für einen schönen Tag in Berlin Weißensee zum Nachspazieren:

Nach Weißensee kommst du am besten mit der Straßenbahn. Ab Alex fährt die M4 die Greifswalder Straße hoch und ab Friedrichstraße kurvt die M12 tapfer durch den Prenzlauer Berg in den Norden nach Weißensee. An der Haltestelle Antonplatz musst du aussteigen.

Wenn du ein Fahrrad mit in die Bahn nimmst, dann mach auch einen Abstecher zum Faulen See, das ist das älteste Naturschutzgebiet in Berlin. Es befindet sich nordöstlich des Weißen Sees zwischen Suermondt- und Hansastraße. Ich habe den „Hintereingang“ in der Tramseler Straße genommen. Baden kannst du hier nicht, aber du hast wirklich das Gefühl mitten in einem Wald zu sein.

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Tipps für Berlin in allen Lebenslagen!

Text und Fotos Britta Smyrak. Danke Anne von Fashion Insider für die professionelle Begleitung und die Tipps für einen schönen Tag in Berlin Weißensee. Ich freue mich auf unseren nächsten Spaziergang.

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4 Kommentare

  • Anna sagt:

    Coole Idee mit dem Nachspazieren! 🙂 Sieht wirklich nach einer tollen Ecke aus. Finde es auch gut, dass du auch auf die Geschichte eingehst- bist quasi eine digitale Tafel! LG 🙂

    • Hallo Anna,
      ich war in Weißensee quasi Touristin in der eigenen Stadt und selber überrascht über die spannende Vergangenheit dieses Bezirks. Begeistert haben mich auch die versteckten Seen. Diese Entdeckungen möchte ich gerne teilen und ess freut mich natürlich sehr, dass Dir die Idee mit dem „Nachspazieren“gefällt. Liebe Grüße Britta

      • Anna sagt:

        Ja, das kann ich verstehen, dass man nochmal Neues entdeckt, wenn man die eigene Stadt mit dem Touristen-Blick entdeckt. Man macht es nur viel zu selten oder merkt es dann vielleicht, wenn man Besucher herumführt. LG

        • Zum Glück gibt es Besucher! Ich glaube, meine Familie, Freunde und Bekannte wissen gar nicht, welchen Gefallen sie mir tun, wenn sie mit mir die Stadt erkunden wollen und wissen möchten, was man in Berlin so machen kann : ))

          Dir eine schönes Wochenende
          Grüße Britta

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