Dauerhaft im Tiny House leben oder Urlaub ohne Ende.

Träumst du auch von einem hübschen Tiny House irgendwo draußen in der Natur? Aber warum darf man nicht dauerhaft in einem Tiny House leben?Was bedeutet es überhaupt im Tiny House zu wohnen? Das und vieles mehr habe ich Simon Kilimann den CEO von NAWALO gefragt. NAWALO ist ein Anbieter für minimalistische und nachhaltige Tiny Houses für die gewerbliche und private Nutzung. Ich treffe Simon an seinem Messestand auf dem Berlin Travel Festival in Berlin.

Simon, seit wann gibt es NAWALO?

Uns gibt es seit 2007, ich habe das Unternehmen 2020 gekauft und der Focus lag schon immer auf dem Bereich Camping, Naturwagen und Lodges. Also ganz klassische Holzbauten, ganz nachhaltig und vorrangig wirklich mit Holz als Werkstoff.

Bist du Architekt oder Zimmermann, kommst du aus dem Bereich?

Nee, gar nicht, ich komme aus dem Konzern, aus einer Führungsposition und hab‘ irgendwann gesagt: So mir reichts jetzt mit dieser Konzernmentalität und den langen Wegen. Ich brauche mehr Geschwindigkeit. Ich hab‘ dann was gesucht, was mir Spaß macht. Das Material Holz finde ich total spannend. Ich finde das Erschaffen, Gebäude und Räume erschaffen, das ist genau meins. Ich habe Ingenieurwesen studiert, meinen MBA gemacht und komme daher sehr stark von der Technik. Und ich hab da einfach Bock drauf. Das Produkt sprach mich an und deshalb bin ich da eingestiegen.

Welche Tiny Houses habt ihr im Angebot?

Wir haben zwei Produktlinien. Wir haben einmal den gewerblichen Bereich, das heißt, wir bauen Unterkünfte für Hotellerie, für Campingplätze, für Pensionen, also alles, wo mit der Vermietung eine Gewinnerzielung angestrebt wird. Darum sehen unsere Häuser auch aus, wie sie aussehen. Der Fokus liegt auf Nachhaltigkeit, gefolgt von kurzer Amortisationsfähigkeit, also kurze Amortisationszeiten, aber auch Instandhaltungsarm und schnelle Reinigungszyklen. Das bedeutet, bei uns gibt es keine versteckten Ecken oder irgendwelchen Spielkram, was du häufig im Endkundengeschäft findest. Das gibt es bei uns nicht. Unsere Tiny Houses sind einfach solide gebaut und für eine hohe Auslastung konstruiert.

Anfang dieses Jahres haben wir uns was Neues überlegt. Durch den Fachkräftemangel sehe ich im gewerblichen Bereich in Zukunft die Schwierigkeit, weitere Objekte unterzukriegen. Nicht weil die nicht benötigt werden, sondern weil es immer schwieriger wird Fachkräfte zu gewinnen, die die Instandhaltung, die Reinigung und die Vermietung machen. Das ist ein Thema, das wir in der Diskussion haben. Das war mit ein Grund zu sagen, wir gehen in den Privatkundenbereich. Außerdem hatte ich Lust, mal wieder ein neues Tiny House zu entwickeln.

Daraus sind der uniCube und das Tide Haus entstanden. Diese Häuser sind komplett anders aufgebaut, die haben eine andere Größe, aber die Themen Holz und Nachhaltigkeit sind geblieben.

im Tiny House leben

Ihr habt bereits über 100 Projekte in der DACH Region realisiert. Habt ihr die Entwürfe verändert?

Ich habe ganz vergessen, wir bauen auch Wagen für Waldkindergärten, die sind bei den Projekten natürlich auch noch dabei. 60 % unserer Verkäufe gehen an Wiederkäufer. Und die spiegeln uns ganz transparent, was an unseren Projekten funktioniert und was nicht. Das sind dann in der Regel kleine Anpassungen.

Wieviel kostet ein Tiny House?

Als Privatkunde kannst du natürlich alles kaufen. Wir machen aber einen Vorschlag für dich und sagen dir, was macht am meisten Sinn. Wenn du etwas zum ständigen Wohnen suchst, dann ist es wichtig, viele Staufächer zu haben und eine Wohnfläche, die für das permanente Wohnen optimiert ist. Wir starten in den Produkten bei dem uniCube für 98.000 € brutto und nach oben ist natürlich alles offen. Bei dem Tide sind wir bei 165.000 €.

Der Unterschied ist, der uniCube ist nicht eingerichtet. Also eine Küche ist drin und ein Bad ist drin, aber alles, was du reinstellst an Möbeln ist da nicht mit drin. Beim Tide ist das anders. Das Tide ist komplett möbliert, so das wir das Haus hinstellen und es ist sofort nutzungsfähig. Das hat den Vorteil, das wir durch die maßangefertigten Möbel den Raum viel besser ausnutzen können.

im Tiny House leben Inneneinrichtung

Wie lang hält so ein Tiny House?

Uns gibt es seit 2007 und bisher stehen alle Häuser (lacht). Es ist immer schwer zu sagen. Wir haben bei den Häusern, die permanent bewohnt werden, eine Außenfassade aus Lerche und Lerche hält ohne Probleme 20-25 Jahre. Selbst wenn mal ein Brett kaputt geht, dann tauscht man das Profil einfach aus. Das kann jeder Hobbyhandwerker machen. Die Haltbarkeit unterscheidet sich nicht von der zu einem Steinhaus.

Was ist nachhaltig an euren Häusern?

Ich würde die Frage gerne umdrehen und dir sagen, was nicht nachhaltig ist an unseren Häusern. Unsere Häuser haben als Standard einen Vinylboden, der ist nicht nachhaltig, aber er hält deutlich länger als Parkett. Das können wir auch anpassen, aber das ist das Einzige, was nicht nachhaltig ist. Ansonsten verbauen wir Holz. Das ist immer FSC-zertifiziert bei uns. Und dann haben wir kaum noch andere Materialien. Bei dem Tide Haus haben wir Holzwolldämmung drin, keine Mineralwolldämmung. Das bedingt einen größeren Wanddurchschnitt, aber wir wollen es halt nachhaltig haben.

Wo werden die Häuser produziert?

Wir bauen die Häuser in Osteuropa, also in Polen und Tschechien. Wir selber sitzen oben in Hamburg. Wir konstruieren die Häuser, wir designen, machen den ganzen Vertrieb und sind der Ansprechpartner für die Kunden. Wir haben aber unsere Werke in Osteuropa, die dort nach unseren Vorstellungen die Häuser bauen. Wir sind auch alle 3-4 Wochen in Osteuropa.

Ein Tiny House in Deutschland bauen, was ist die größte Herausforderung?

Das deutsche Baurecht. In Deutschland brauchst du pauschal immer eine Baugenehmigung. Das ist kein Graubereich, da nutzen dir auch keine Reifen unter dem Tiny House. Wenn du permanent und an einem Ort in einem Tiny House wohnen willst, brauchst du eine Baugenehmigung. Das ist die Herausforderung, weil die deutschen Behörden da nicht ganz so zügig arbeiten. Das Baurecht ist mittlerweile so komplex geworden, es gibt da die Landesverordnungen, die sind überall unterschiedlich. Bei der Landesverordnung wird dir vorgeschrieben, wie du zu bauen hast. Wie groß muss dein Schlafzimmer sein, wie ist ein Wohnzimmer definiert, musst du einen Abstellraum haben oder nicht und wenn ja, wie groß muss der sein. Die Landesverordnung schreibt dir die Raumgrößen vor. Wie es dann von außen auszusehen hat, das bestimmt der Bebauungsplan. Im Bebauungsplan steht dann zum Beispiel drin, du darfst nur ein Satteldach mit 45 Grad Neigung bauen und die Außenfassade muss so und so sein. Das steht alles im B-Plan.

Der erste Schritt ist, ein Grundstück zu finden, das einen Bebauungsplan hat. Es gibt auch Grundstücke, die sind im Außenbereich und für diesen Außenbereich bekommst du keinen Bebauungsplan. Außenbereich bedeutet außerhalb der definierten Bebauungsplanfläche. Das kann außerhalb der Stadt, aber auch mitten in der Stadt sein. Und da ist Bauen grundsätzlich erst mal nicht möglich. Um das zu ändern, das ist ein sehr langer Prozess. Wir reden hier von 7-8 Jahren. Wenn es schon einen Bebauungsplan gibt, dann ist das sehr förderlich. Es kommt aber darauf an, was steht denn in diesem Plan. In dem B-Plan kann stehen du brauchst ein Satteldach, also kannst du kein Flachdach bauen. Oder du willst den B-Plan ändern, aber das kann auch wieder Jahre dauern. Deshalb haben wir auch zwei verschiedene Objekte zum Wohnen im Angebot. Einmal Flachdach, den uniCube und einmal Satteldach das Tide. Wir haben beim Tide schon darauf geachtet, welche Neigung im B-Plan meist vorgeschrieben wird und bei 80-90% passt das Dach vom Tide.

Rein theoretisch: Ich habe ein Grundstück, ich habe einen B-Plan da steht Satteldach drin. Darf ich ein Tide aufstellen?

Da kommst du am besten erst mal zu uns und sagst: Passt auf, ich habe hier einen B-Plan, könnt ihr euch den mal anschauen. Wir sagen dir dann, ob es geht oder nicht. Und wenn es nicht geht, dann suchen wir eine Lösung, damit es geht. Angenommen es funktioniert, dann stellen wir zusammen eine Bauvoranfrage. Das ist deutlich günstiger als eine Baugenehmigung und geht auch schneller. Da sagt das Amt vorab schon, was alles nicht geht oder es ist kein Problem und passt. Und dann kann man die Baugenehmigung stellen. Das muss ein Architekt oder ein Bauingenieur machen, der entsprechend gelistet ist in der Landesbauordnung. Da haben wir aber ein paar Leute, die das können. Und theoretisch hast du dann nach 12 Wochen die Baugenehemigung. Wenn es irgendwelche Rückfragen gibt, dann verlängert sich die Zeit immer wieder um 12 Wochen. Das heißt, es könnte auch ein bisschen länger dauern, aber im Normalfall läuft es schnell durch.

Ein Tiny House kaufen, woran sollte ich noch vorher denken?

Du solltest dich fragen, was es bedeutet, in einem Tiny House zu leben. Was bedeutet es für dich. Es ist kleiner, ich benötige viel Stauraum. Bevor du ein Haus kaufst, solltest du unbedingt einmal probewohnen. Bei uns kann man das unter anderem auf dem Hofgut Bockelkathen bei Lüneburg. So kannst du das am besten für dich entdecken.

Beim Tiny House geht es nicht nur ums Haus. Das ist das eine. Beim Tiny House geht es ums draußen sein. Die Freiheit zu haben, den Minimalismus zu erleben, zu entschlacken. Sich bewusst zu reduzieren und mal in der Natur zu Hause zu sein. Das muss schon jemand sein, der Lust auf Natur hat, auf Minimalismus und weg will von der Konsumwelt. Ansonsten kaufe ich kein Tiny House zum permanenten Wohnen. Dann würde ich mir wünschen, dass die Leute sich mit dem Baurecht auseinandersetzen, damit es auch wirklich mit der Baugenehmigung klappt, sonst kann das sehr lange dauern.

Lieber Simon, Danke für das interessante Gespräch.

Wenn dich das Thema Tiny House interessiert, auf der Homepage von NAWALO findest du für mehr Informationen den „Tiny House Leitfaden“ als Download.

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2 Kommentare

  • Herrmarkle sagt:

    Ob ein Fertighaus bauen, ein normales Haus bauen oder ein kleines Haus. Die Bürokratie funkt immer dazwischen. Je spezieller die Wünsche und die Bauweise, desto komplizierter der Bauantrag.

    • Das musste ich leider auch feststellen. Gerade beim Tinyhouse wird von den Herstellern gerne suggeriert, es wäre alles ganz einfach. Ist es aber nicht. Ein Haus ist ein Haus, egal wie groß. Vielleicht ändern sich die Regularien noch, da dieser Haustyp relativ neu ist. Im Moment habe ich das Gefühl, es entstehen eher Tinyhouse Feriensiedlungen statt der berühmte Traum vom frei stehenden Tinyhouse in der Natur.

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