Wann hast du dir eigentlich das letzte Mal in die Hose gemacht? Ich gerade kürzlich. Und zwar bei dem Gedanken an die Hängebrücke in 3.000 Metern Höhe, über die ich gehen sollte. Denn im normalen Leben sitze ich eher auf einem Drehstuhl an einem 72 cm hohen Tisch, tippe Buchstaben in Computer und habe im Entferntesten nichts mit schwindelerregenden Höhen zu tun. Keine Hängebrücken zwischen Berggipfeln unter den Füßen in Sicht. Aber ich denke immer: das nächste Abenteuer kommt bestimmt. Und meistens habe ich damit recht. Wenn es dann auch noch in der Schweiz sein soll – verrückt genug! Nicht, dass wir alle schon wüssten, dass die Schweiz schön, schöner am schönsten ist. Aber ich finde, ich muss es dir jetzt einfach trotzdem ans Herz legen: Wenn du mal ein paar Tage Zeit hast, dann fahr einfach los, das Genferseegebiet entdecken.
Es ist höher, weiter, schöner.
Der Genfer See, der in der Schweiz anders geschrieben wird (Genfersee – oder Lac Léman), ist der größte französisch-schweizerische See. Das Genferseegebiet befindet sich im Kanton Waadt, auf französisch Vaud, und grenzt zum einen an Frankreich und zum anderen an fünf Kantone der Schweiz: Genf, Neuenburg, Freiburg, Bern und Wallis. Der niedrigste Punkt ist der Genfer See auf 372 Metern, der höchste das Diablerets-Massiv mit stolzen 3.209 Metern. Von unten, der teilweise mondän-trubeligen Umgebung um Genf oder Montreux fahre ich mit der Zahnradbahn durch Weinhänge bis hoch in die Berge, wo die Anmut der schneebedeckten Berggipfel, der weite Himmel oder stille Bergseen wie dieser hier – Lac Retaud am Südhang des La Palette – mich selber ganz still werden lassen.
Aber ich wollte dir ja eigentlich von der Sache mit der Hängebrücke erzählen. Okay, ich hab’s gewagt: hoch, ganz hoch hinaus mit mächtigen Gondeln auf den Gletscher, den Glacier 3000. Erste Gondel, aussteigen, zweite Gondel, noch höher, oh Gott.
Oben angekommen, ist allein die Aussicht auf die Waadtländer Alpen so SU-PER-TOLL, so dass ich fast meine Aufgeregtheit vergesse: 24 schneebedeckte Gipfel von Bergspitzen wie Eiger, Mönch, Jungfrau und Matterhorn. Der Peak Walk, wie die übrigens bei näherem Hinsehen äußerst vertrauenerweckende Hängebrücke aus Stahl offiziell heißt, breitet sich majestätisch vor mir aus. An den Seiten breiten sich außer Wolken und Panoramen sonst nur noch gähnendes Nichts aus.
Hier sterben wäre völlig okay. Auf geht’s.
Als ich die ersten Schritte gehe, merke ich: Das Ding hier ist bombensicher wie ein Schweizer Uhrwerk. Hier wird GAR nichts schieflaufen. Ein schönes Gefühl. Hallo, du bist gerade in der Schweiz, hier KANN nichts passieren! Auf der anderen Seite angekommen, mache ich mehrere Beweisfotos für Enkel und Urenkel, stolz wie Oskar.
Mehr davon! Auf der Suche nach weiteren Kicks werde ich schnell fündig: Der Alpine Coaster ist die höchst gelegene Rodelbahn der Welt. Und eine höchst spaßige Angelegenheit für Kinder und Erwachsene. Als ich mich mit meinem Rodel in diese weiten Kurven stürze, wünsche ich mir das erste Mal ein Leben in den Bergen.
Es sind viele indische Touristen hier, die in ihrer bezaubernd farbenfrohen Kleidung, den bunten hohen Turbanen und den oft viel zu dünnen Schühchen im Schnee mein absolutes Lieblingsbild im Schnee sind.
Wenn die Sonne so stark wie hier oben runterbrezelt, wird allerdings auch mit festen Schuhen mein geplanter Spaziergang zur nächsten Schutzhütte am Quille du Diable zu einem ziemlichen Unterfangen. Coolerweise pickt mich und meine mit-im-Schnee-einsinkenden Weggefährten eine Schneeraupe auf: Das lassen wir uns nicht zweimal anbieten.
Unterwegs im Genferseegebiet: Haaaallo, Taxi!
Für jedes Kind (räusper, für mich ehrlich gesagt auch …) ist es natürlich ein Traum, ganz vorne in der Fahrerkabine im Pistenbully zu sitzen und lautstark rumpelnd über den Schnee zu gleiten.
Unterwegs im Genferseegebiet. Atemberaubend.
Am Ziel Refuge L’Espace angekommen, lerne ich, dass hier die Verpflegung für die Gäste mit dem Helikopter angeliefert wird. Geschirr abwaschen? Fehlanzeige. Gefällt mir. Diese Gebirgslounge mit ihrer äußerst spektakulären Lage am steil abfallenden Felsen ist der Hit.
Wegen des kuriosen Innenraums war ich schon zum zweiten Mal an einem Tag kurz versucht, mein Leben in die Schweiz zu verlegen. Nur, um öfter hier sein zu können. Auch die wirklich ganz reizenden Betreiber Ingrid und Roland Beer sind herrliche Gastgeber, bei denen man öfter einkehren will.
Erzählte ich das schon? Dass ich Zuhause in Berlin gerade ausschließlich zum Sachen packen und Wohnung auflösen bin?
Scherz beiseite. Ich wollte aber wenigstens ein Foto von mir in diesem 3.000er-Panorama. Doch Fotos von sich MIT solchen Panoramen bekommt man nur, wenn man entweder ein Selfie macht und rückwärts den Berg runterstürzt (wie gerade von der ehemaligen Austrias Next Topmodel Gewinnerin praktiziert). ODER wenn man jemanden bittet, mit an den Abgrund zu kommen und netterweise dieses Foto zu schießen.
Dafür mussten wir ein kleines Stück an diesem senkrecht emporragenden Felsen, dem Quille du Diable, hochklettern. Hinter der Absperrung, klar.
Teuflisch schön.
Natürlich haben uns alle anderen Anwesenden für verrückt gehalten, aber ich werde ihn nie vergessen, diesen schroffen Teufelskegel.
Diese Truppe mit den hübschen Schlittenhunden treffe ich nach Beendigung einer Tour und schreibe sie auf meine Bucketlist für den nächsten Besuch hier oben.
Du möchtest noch mehr über das Genferseegebiet wissen?
- Sabine war ganz begeistert vom Golf spielen und den Pools der wärmsten Thermalquelle der Schweiz: Ich glaube, ich will Golf lernen im Genferseegebiet!
Herzlichen Dank an das Office du Tourism du Canton de Vaud, an Dominique Geissberger von Vilars Tourisme für all den Input, an Francesca Martini von Les Diablerets für die knackigen Wanderungen und an Melanie Schacker von PR Solutions für die sensationelle Begleitung. Unterwegs im Genferseegebiet, meine Begeisterungsstürme sind so hoch wie die höchste Gipfelstelle auf dem Gletscher. Mindestens!
Fotos: Sabine Neddermeyer