„Urlaub auf dem Bauernhof“. Warum nicht mal den Klassiker ausprobieren? Ich packe das Kind ins Auto und los geht es nach Bozen in Südtirol. Die Adresse vom Wernerhof ist im Navi eingegeben, nichts kann schiefgehen.
Juhuu, Werner Hof wir kommen!
Der Brenner liegt hinter uns, schnittig brause ich durch die Straßen, winde mich schwungvoll eine kurvenreiche Einbahnstraße den Berg hoch und stelle mit Entsetzen fest: Es wird eng, RICHTIG ENG! Plötzlich sehe ich Stufen vor mir und biege in letzter Sekunde geistesgegenwärtig in eine Einfahrt zu meiner Linken ein. Ein Mann, eben noch beim Gläschen Wein am Tisch gesessen, springt erschrocken auf, als ich in seinem Vorgarten lande. „Entschuldigung bin ich richtig, ich wollte hoch auf den Berg zum Werner Hof.“ Woher soll dieser Mensch den Hof kennen, aber etwas Besseres fällt mir im Moment nicht ein und schließlich brauche ich eine Erklärung für mein Auto auf seinem Rasen.
Das ist die alte Straße, erzählt mir der nette Südtiroler und die kann ich nicht mit dem Auto fahren. Die ist zu eng! Ich muss zurück und bin heilfroh, dass ich hier wenden kann. Rückwärts den Berg hinunter hätte ich nicht überlebt.
Das Navi will mich weiterhin in die Falle locken, und wenn es nicht mein Handy wäre, dann flöge es jetzt in einen südtiroler Graben. Orientierungslos fahre ich mal links, mal rechts und lande tatsächlich an einer Kreuzung mit Wegweiser nach Jenesien, meinem Zielort. GERETTET.
Über eine Brücke, durch einen Tunnel, die Fahrt könnte schöner nicht sein. Mit jedem Kilometer steigt die Spannung: Täätää! Da steht er, der Wernerhof.
Zu meiner Überraschung ist es kein typischer alter Hof, sondern ein neues Gebäude. Wir werden schon erwartet. Gabi die Besitzerin kommt uns lächelnd entgegen. Unsere Wohnung liegt im ersten Stock. Balkontür auf: was für eine Aussicht.
Zu unseren Füßen liegt Bozen, in der Ferne sehe ich die Dolomiten. Sofortiges Urlaubsfeeling stellt sich ein. Das wird ein entspannter Urlaub auf dem Bauernhof! Zur Begrüßung folgt ein Gläschen Hauswein im Garten und die Liegen stehen auch schon bereit.
Ich entscheide, für heute haben wir nichts mehr vor. Derweil ich Aussicht und Wein genieße, freundet sich Lilia mit den Tieren des Hofes an. Der Werner Hof ist ein Obst- und Weinbauerhof mit Katzen, Kaninchen, Laufenten und Hühnern.
Morgenstund, Marmelade im Mund
Am nächsten Morgen steigt der Nebel aus dem Tal hoch. Ein faszinierendes Schauspiel. Und überhaupt, ich krieg noch immer nicht genug von dieser Aussicht.
Der Frühstückstisch ist frisch gedeckt mit den Produkten vom Hof. Als gelernte Konditorin lässt es sich Gabi nicht nehmen einen Kuchen für uns zu backen. Die Eier von den glücklichen Hühnern sind auch da und natürlich ist die Marmelade selbst gemacht. Es schmeckt, wie es aussieht, superlecker!
Urlaub auf dem Bauernhof. Hofführung mit Helmut
Nach dem Frühstück möchte mir Helmut den Hof zeigen. Bis 1998 wurde auf dem Hof Viehwirtschaft betrieben. 2002 übernahm Helmut den Hof und fing an auf Obst und Wein umzustellen. Der Werner Hof liegt auf 765 m.ü.d.M. und ist damit ideal für Wein- und Obstanbau. Auf einer Fläche von 1,70 ha werden verschiedene Apfelsorten angebaut: Golden Delicius, Jonagold, Gala. Das Diktat des Marktes zwingt die Apfelbauern immer wieder die Sorten zu wechseln und dem Trend zu folgen. Ich habe mir darüber nie Gedanken gemacht, aber es fällt schon auf, dass es in den Supermärkten nur bestimmte, oft gleiche Sorten zu kaufen gibt, genormt nach Größe, Form und sogar Farbe!
Neben den Äpfeln baut Helmut auf 1,8 ha verschiedene Weinsorten an: Sauvignon, Gewürztraminer, Müller Thurgau, Weißburgunder und Vernatsch. Die Äpfel und die Trauben werden der Genossenschaft Überetsch bzw. der Kellerei Bozen geliefert. Und vom Vernatsch Weinberg produziert Helmut seinen Hauswein für den Eigenbedarf.
Auf dem Hof gibt es das ganze Jahr über etwas zu tun. Hängen geblieben ist bei mir die „Verwirrungsmethode“ als Schädlingsbekämpfungsmaßnahme. Dafür werden auf jedem 2.-3. Baum Liebestropfen aufgehängt (Pheromone). Ihr Geruch „verwirrt“ die männlichen Schädlinge der Obstmade. Sie finden das Weibchen nicht mehr und können sich folglich nicht fortpflanzen. Bauer Helmut arbeitet mit allen Tricks! Der größte Feind des Ostbauern ist aber kein Insekt, sondern der Hagel. Innerhalb weniger Minuten kann die Ernte eines ganzen Jahres zerstört werden. Darum sind im Tal überall die Netze gespannt, nicht schön, aber zweckmäßig.
Bei unserem Spaziergang durch die Reben kommen wir auch beim Hühnerstall vorbei. Auf dem Hof leben zurzeit 30 Hennen und ein Hahn. Die Hühner legen ja nach Rasse weiße, rötliche, braune und grüne Eier, Letztere sind cholesterinarm. Im Durchschnitt legt ein Huhn jeden 2. Tag ein Ei. Man muss die Eier sofort wegnehmen, sonst fängt das Huhn zu brüten an und nach 21 Tagen schlüpft ein Küken. Im Hühnerstall herrscht eine stramme Hackordnung. Je älter die Henne, desto weiter oben auf der Sitzstange darf sie sitzen. Der Hahn sitzt oben, sowieso.
Ein Highlight auf dem Hof ist der alte Backofen. Früher wurde zweimal im Jahr eine riesen Menge Brot gebacken und eingefroren. Damit war der Brotvorrat für ein Jahr gedeckt. Im Moment ist der Ofen noch außer Betrieb, aber Helmut hat Pläne, möchte ihn wieder auf Vordermann bringen und dann zusammen mit den Gästen Brot und Pizza backen. Klasse Idee, wie ich finde.
Jetzt hätte ich es fast vergessen, zum Hof gehört natürlich auch ein Blumen-, Gemüse- und Kräutergarten. Bei dem knackigen Anblick freue ich mich doch schon auf das morgige Frühstück.
Inspirationen für Urlaub auf dem Bauernhof in Südtirol:
Nach der Hofführung machen wir uns auf den Weg ins Tal. Was wir in den nächsten Tagen in Südtirol unternommen haben, erfährst du in Kürze. Bis dahin kannst du dir viele Inspirationen bei diesen Bloggern holen:
- Christina von Mrs. Berry war nicht weit von uns entfernt auf dem schönen Thomasegg-Hof im Sarntal.
- Claudia vom Reiseblog Fernweh mit Kids war auf einem Bauernhof im Jochtal im Örtchen Vals. Ich kenne die Gegend und den Ort bisher nur vom Winterurlaub.
- Bei Nadine von Planet Hibbel war es noch ziemlich kühl, als sie im Vinschgau unterwegs war.
- Und Ellen von PATOTRA hat schöne Tage auf dem Funtnatscherhof in Völs am Schlern verbracht.
Text und Fotos: Britta Smyrak
Danke an Roter Hahn und den Werner Hof, die mich zu dieser Recherchereis eiengeladen haben. Fazit: Ein entspannter Urlaub auf dem Bauernhof tut wirklich gut.