„Wir machen jetzt eine Nachtwanderung!“ Wie bitte? Die Ankündigung klingt für mich wenig verlockend. Die Welt im Dunkeln entdecken, sowas ist für Teenager auf Klassenfahrt spannend, denke ich. Aber für uns?
Mit einer Gruppe bin ich im verschneiten Ötztal in Tirol unterwegs. Eine schöne Gegend und irgendwie cool, nicht nur wegen der Temperaturen im Winter: Der 007-Film Spectre wurde hier zu großen Teilen gedreht.
Die Welt im Dunkeln entdecken. Nachtwanderung zum Stuibenfall.
Nun steht aber keine Action-Fahrt im Jet-Ski auf dem Programm, sondern eben eine Nachtwanderung. Mmmh. Können wir stattdessen nicht in einer Bar Martini trinken gehen?‘, geht’s mir durch den Kopf.
Na, gut … Zum letzten Mal nachts wandern war ich als 13-Jährige mit Klassenkameraden in der Lüneburger Heide. Damals freuten wir uns, so lange aufbleiben zu dürfen. Fanden es „echt“ gruselig und haben viel gekichert, wenn die Jungs uns mit ihren Taschenlampen näherkamen!
Nun also Jahrzehnte später meine zweite Nachtwanderung. Ich nehme es sportlich, muss ich auch: Es geht bergauf. Wir wandern von Umhausen etwa eine Stunde zum nachts erleuchteten Stuibenfall, dem höchsten Wasserfall Tirols. Was mich nun erwartet, ist nicht gruselig aber aufregend. Zunächst: komplette Dunkelheit, denn unsere Laternen sind nicht da, das schafft etwas Unsicherheit. Was soll’s. Wir stapfen ohne Licht durch den kalten Schnee und über vereiste Wege. Neben uns rauscht ein Bach, der dient der Orientierung. Wenn ich wenig sehe, werden die Geräusch automatisch wichtiger. Aufpassen ebenso: Dass kein Schritt daneben geht, den steilen Abhang am Bach hinunter. Dass du nicht ausrutschst. Doch dieses bewusste Gehen ist irgendwie anregend.
Es ist nicht die Zeit draußen unterwegs zu sein
Über einige Strecken ist es so dunkel, dass ich meine Hand nicht vor Augen sehen kann. Zwar wird der Weg inzwischen in unregelmäßigen Abständen von Weg-Laternen erleuchtet, aber eben nicht durchgängig. Manchmal dringt Mondlicht durch die Bäume und spendet etwas Licht. Der Wald schimmert mystisch.
Endlich: Auf halber Strecke bekommen wir Fackeln ausgeteilt. Es riecht nach warmen Wachs, die kleine Flamme heitert ungemein auf. Wir stapfen weiter. Mit dem Licht fühle ich mich sicherer, gehe schneller und genieße jetzt richtig den nächtlichen Marsch.
Eine Stunde dauert der Gang nach oben zum Wasserfall. Manche wagen sich über die vereisten, schmalen Stiegen bis ganz hinauf. Die meisten bleiben am Fuße des Wasserfalles stehen. Staunen, genießen die reine Luft, es ist eine andächtige Stimmung.
Die kraftvollen Wassermassen krachen eine Felswand hinab. Über eine Hängebrücke kann man von oben ins Tal schauen. Nachts ist der Blick besonders beeindruckend.
Anschließend kehren wir ein und genießen eine Jause mit Wurst und Käse, Gurken, Brot und Schmalz in der Holzhütte im Wald. Durchgefroren, wohlig erschöpft, etwas nachdenklich gestimmt, schmeckt das einfache Essen unglaublich gut!
Auch den Heimweg zurück ins Hotel gehen wir durch die Nacht. Wir legen ein gutes Tempo ein, gehen entlang eines schmalen Wanderwegs am Hang. Doch aufpassen ist auch hier wichtig: Einen halben Meter neben mir geht es steil hinab ins Tal …
Gut, dass wir die Fackeln haben! Haben wir uns auf dem Aufstieg noch unterhalten, wird nun geschwiegen und durch den Schnee gestapft. Die Dunkelheit absorbiert uns, sie treibt uns gen Hotelzimmer, als würde ein Ur-Instikt uns anleiten: Es ist nicht die Zeit draußen unterwegs zu sein, geht’s heim. In dieser Nacht habe ich einen tiefen, ruhigen Schlaf. Eingehüllt von meinem neuen Freund, der Dunkelheit.
Die Welt im Dunkeln entdecken. 8 Tipps:
1. Neuseeland, Weitomo Caves, mit dem Boot durch die Höhle gleiten und die Glühwürmchen bewundern.
2. Griechenland, hinabsteigen in die Zeushöhle auf Kreta.
3. Südtirol, Führung unter Tage in einen der ältesten Stollen Europas im Bergwerk von Prettau.
4. Norwegen, Polarlichter über Norwegen sehen auf einer Winterreise mit den Hurtigruten.
5. Südafrika, im Namaqua Flower Beach Camp am Lagerfeuer sitzen und die Sonne im Atlantik versinken sehen.
6. Nevada, nachts im Death Valley den Sternenhimmel sehen.
7. Tirol, Nachtrodeln auf der Mondrodelbahn in in Söll
8: Der Wasserfall bei Varone am Gardasee
Die Welt im Dunkeln entdecken, wir sammeln fleißig weiter. Wenn du Tipps hast für uns, dann hinterlass sie doch in den Kommentaren!
Text und Fotos Verena Schulemann und Britta Smyrak
Interessante Zusammenstellung!
Im Dunkeln kann man sich nicht auf die Augen verlassen. Wir brauchen also andere Sinne und Reize, aus der wir unsere Wahrnehmung deuten können. Unser Gehörsinn verstärkt sich. Das ist ziemich interessant. Und gerade in fremden Umgebungen mit ungewöhnlichen Aktionen ist das sicher spannend.
Viele Grüße,
Stefanie
Hallo Stefanie, ich finde es auch spannend, welche Zustände ich durchlaufe. Erst ein bisschen Panik: Oh Gott ich sehe nichts, dann werde ich ruhiger, konzentriere mich und irgendwie kompensieren die anderen Sinne das Manko. Manchmal sogar intensiver, weil Geruch und Tastsinn dazu kommen. Liebe Grüße Britta
Ich mag solche Listen! Dunkle Orte sind mal was Neues. Mir fallen spontan noch die Champignonzuchthöhlen ein. Zum Beispiel an der Loire. Da wachsen die ganz weißen Champignons. Für mich sind so dunkle Höhlen gar nichts. Ich bekomme schon in den Dunkelkammern der Science Center totale Panik. Da gibt es wenigstens Videoüberwachung. Nächstes Mal müssen die Kinder alleine da rein…
Viele Grüße von Sabine
Ha ha ha du kriegts Panik in den Dunkelkammern. Aber ich gebe dir Recht, in abgeschlossenen Räumen kann Dunkelheit etwas beklemmendes haben. Ich mag es da auch lieber größer. In Kappadokien bin ich durch eine unterirdische Stadt gekrochen, da war es schon etwas eng und einige sind gar nicht erst mit runter gestiegen. Es war aber trotzdem spannend. Danke dass du die Liste magst : )
Liebe Grüße Britta