Ermland-Masuren, das Land der Forscher und Ingenieure

Reisen kann so schön sein, man muss nur an die richtigen Orte fahren, zum Beispiel nach Polen in die Woiwodschaft Ermland-Masuren. Eine Woiwodschaft ist in Polen ein Verwaltungsbezirk, vergleichbar mit einem Bundesland in Deutschland.

Ostroda und ein neues Hotel am See

Die erste Nacht verbringe ich in der Kleinstadt Ostroda ca. 3 Stunden bzw. 220 km nördlich von Warschau. Der Name erinnert an Osterode am Harz und das ist kein Zufall, denn genau von dort kamen im 13. Jahrhundert deutsche Einwanderer und errichteten eine Siedlung.

Direkt am Ufer des Jezioro Drwęckie (Drewenzsee) hat vor Kurzem ein neues Radisson Blu Resort & Konferenzzentrum mit 238 modern eingerichteten Zimmern eröffnet. Der Blick von meinem Balkon auf den See hat etwas sehr Beruhigendes.

Um mich herum schwirren emsig die Schwalben, bemüht ihre Nester unter die Dachrinne an die Hauswand zu kleben.

Sehr zu empfehlen in diesem modernen Hotel ist das Lava e Sal Spa. Ich habe eine Anwendung getestet und bei den Klängen der verschiedenen Klangschalen vibrierte mein Körper bis unter die Schädeldecke. Wir bestehen alle zu 60 % aus Wasser, das habe ich noch nie so intensiv gespürt.

Der Oberlandkanal in Ermland-Masuren

Kein Besuch in Ermland-Masuren ohne eine Fahrt auf dem Oberlandkanal! In Ostroda beginnt der Oberlandkanal, auch Oberländische Kanal, Kanal Elbing-Osterode oder Elbing-Oberländischer Kanal genannt. Diese künstliche Wasserstraße führt etwa 80 Kilometer Richtung Norden durch wunderschöne Naturlandschaften. Die gelben Rapsfelder reichen bis zum Horizont und darüber erstreckt sich der grenzenlose blaue Himmel.

Das Besondere an diesem Kanal sind die fünf schiefen Ebenen, auf denen die Schiffe zur Bewältigung des Höhenunterschieds von knapp 100 Metern auf Schienenwagen über Land gezogen werden.

Oberlandkanal Landschaft Ermland-Masuren

Du kannst die gesamte Strecke mit dem Schiff fahren oder nur Teilabschnitte und dich dann von einem Bus wieder an den Ausgangsort bringen lassen. Buchen kannst du die Tour hier.

An seinem nördlichen Ende durchquert das Schiff noch das Naturschutzgebiet und den Jezioro Drużno (Drausensee) bis es in Elblag (das frühere Elbling), der Endstation anlegt. Der Kanal endet im frischen Haff von wo aus man dann in die Ostsee gelangt.

Über 5 schiefe Ebenen musst du gehen bzw. fahren

Das Kanalsystem ist bis heute ein technisches Wunderwerk und steht unter Denkmalschutz. Sinn und Zweck dieses Kanals war es einst, den Transportweg von Waren zur Ostsee zu verkürzen. Besonders wichtig und wertvoll für diese Region war damals das Holz der Taborska-Kiefer. Dieser majestätische Baum wuchs nur in dieser Gegend. Mit einem Stammumfang von bis zu 4 Metern und einer Höhe von ca. 40 Metern war er im 15. Jahrhundert ein echter Exportschlager in ganz Europa. Vor allem als Mast für die Segelschiffe war dieser Baum heiß begehrt.

Bevor der Kanal gebaut wurde, mussten die Holzstämme erst flussaufwärts über den Dreweça Fluss und dann wieder zurück Richtung Ostsee auf der Weichsel verschifft werden. Die Strecke über den Kanal verkürzte den Transportweg um dreiviertel.

Wie bereits erwähnt, bestand die Schwierigkeit bei der Planung darin, auf einer Länge von nur 10 Kilometern 100 Höhenmeter zu überwinden. Mit Schleusen war das Problem nicht zu lösen. Man hätte mehr als 30 benötigt und damit wieder wertvolle Zeit verloren.

Der findige Ingenieur Georg Jacob Steenke hatte im Jahre 1825 die Lösung. Sein Vorbild war der Morris-Kanal in New Jersey. Dort wurden bereits Schiffe auf Schienen über einen Hügel gezogen.

Er überzeugte den preußischen König, der mehr von der Einzigartigkeit denn von der wirtschaftlichen Bedeutung beeindruckt war, von seiner Idee und der Bau begann.

Ermland-Masuren

Es wurden 5 schiefe Ebenen, sogenannte Rollberge errichtet, über die die Schiffe mithilfe eines Schienenwagens, der an Stahlseilen hängt, gezogen werden. Betrieben wird das Ganze allein durch Wasserkraft.

Schiff Oberlandkanal Ermland-Masuren

Fast zeitgleich mit der Fertigstellung des Kanals 1860 wurde auch eine neue Bahnlinie in Betrieb genommen. Dieser Transportweg war zuverlässiger und nahm dem Kanal schnell seine wirtschaftliche Bedeutung. Es wurden zwar weiterhin Feldfrüchte, Holz und Industriewaren transportiert, aber schon 1912 fing man an, den Kanal als touristische Attraktion für Passagier-Schifffahrten zu nutzen.

Ich hätte ewig auf dem Kanal weiterschippern können, aber nach der 5. Ebene ist für mich Schluss. Tiefenentspannt steige ich um in den Bus.

Hotel Klekotki irgendwo im nirgendwo

Mein nächster Halt ist das Klekotki Spa & Resort. Das Hotel befindet sich in einer renovierten Mühle aus dem 17. Jahrhundert und erstreckt sich über mehrere historische Gebäude. Die Lage ist toll, mitten im Wald an einem wunderschön See.

Mein Tipp: Solltest du in diesem Hotel übernachten, dann sag der Rezeption vor deiner Anreise Bescheid, wenn du die nagelneue Sauna nutzen möchtest. Sie wird bei Bedarf angeschaltet.

Mein Zimmer ist klein und liegt im 4. Stock direkt unter dem Dach. Ich habe einen schönen Blick auf den See und höre morgens die Vögel zwitschern. Die Zimmer in diesem Hotel sind sehr unterschiedlich in der Größe und der Einrichtung. Wenn du etwas mehr Platz benötigst, dann würde ich auf jeden Fall ein Deluxe Zimmer empfehlen.

Zum Hotel gehören außerdem zwei moderne Ferienhäuser mit Platz für vier Personen. Der perfekte Ort für Familien.

Das Restaurant ist im ehemaligen Pferdestall. Hier wird abends das Essen serviert und morgens das Frühstücksbuffet aufgebaut. Die Speisekarte gibt es nur in polnischer Sprache, aber es findet sich immer jemand, der englisch spricht.

Nikolaus Kopernikus und sein neues Weltbild

Wer sich für Astronomie und Kopernikus interessiert, der sollte einen Abstecher nach Frombork (das ehemalige Frauenburg) machen. Hier lebte und arbeitete Nikolaus Kopernikus als Kanoniker des ermländischen Kapitels. Kopernikus war kein richtiger Astronom. Er betrieb die Himmelsbeobachtung eher als ambitioniertes Hobby. Seine Messungen und Himmelsbeobachtungen führten ihn allerdings zu der Überzeugung, dass die Erde ein Planet ist, der sich um die eigene Achse dreht und sich außerdem wie die anderen Planeten um die Sonne bewegt.

1543 beschreibt er dieses heliozentrische Weltbild in seinem Buch „Über die Umschwünge der himmlischen Kreise“. Im Dom von Frombork kannst du sein Grab besichtigen und im Kopernikusmuseum mehr über das Leben und Werk dieses bedeutenden Mannes erfahren.

Lidzbark Warminski, das neue Heilbad in Ermland-Masuren

Weiter führt die Reise nach Lidzbark Warminski. Dieses kleine Städtchen ist vor kurzem offiziell zu einem Heilbad erklärt geworden und man ist emsig dabei, den Kurpark zu gestalten. Jetzt schon besichtigen kannst du das 100 Meter lange Gradierwerk.

Ein Gradierwerk funktioniert wie ein Freiluftinhalator. Von oben rieselt das Solewasser durch das Reisig, dabei verdunsten feine Wassertropfen und feuchten die Luft an. Du musst dich nur davorstellen und tief ein- und ausatmen.

Gradierwerk in Ermland-Masuren

In Lidzbark Warminski übernachte ich im Krasicki Hotel, einer alten Burg aus dem 14. Jahrhundert. Namensgeber für dieses Hotel ist der Bischof Ignacy Krasicki, der einst hier gelebt und gelehrt hat. Er war ein Vertreter der Aufklärung, Dichter, Prosaist und Essayist.

Das Hotel hat 122 komfortable Zimmer und Suiten und wurde 2013 mit dem World Luxury Hotel Award ausgezeichnet. Durch verwinkelte Gänge gelange ich zu meinem schönen Zimmer.

Hotel Krasicki in Ermland-Masuren

Unter seinem Dach beherbergt das Hotel eine astronomische Sternwarte. Bei sternenklarer Nacht kannst du vom Burgturm aus auf den Spuren von Kopernikus wandeln und die Sterne beobachten.

Warschau eine Stadt immer in Bewegung.

Am nächsten Morgen geht es zurück nach Warschau. Ich liebe diese Stadt an der Weichsel. Ich habe das Gefühl, dass sie sich schneller verändert, als ich gucken kann.

Bei meinem Besuch in Warschau vor 5 Jahren habe ich die Altstadt, den Stadteil Praga und den wunderschönen Lazienki Park besucht. Dieses Mal mache ich mich auf den Weg zum Museum des Warschauer Aufstands. Dieses Museum geht unter die Haut. Die Ausstellung erstreckt sich über mehrere Stockwerke. Der Ablauf des Aufstands wird minutiös dargestellt. Du hörst Schüsse, Kriegslärm, gehst vorbei an Plakaten, die Todesurteile verkündigen, kannst über die Schicksale einzelner Kämpfer nachlesen.

Augenzeugen berichten aus dieser Zeit. In Vitrinen werden selbsgebaute Waffen ausgestellt.

Der Besuch lässt mich nicht unberührt. Es ist unmittelbar und kaum fassbar. Ein wichtiger Ort. Für einen Besuch würde ich mindestens zwei Stunden einplanen.

Die Öffnungszeiten sind täglich von 8 bis 18 Uhr, am Wochenende von 10 bis 18 Uhr, am Dienstag hat das Museum geschlossen.

Das einfache Ticket kostet 30 Zloty, das reduzierte Ticket 25 Zloty. Montags ist der Eintritt frei.

Direkt neben dem Museum befindet sich ein sehr einladendes Café. Hier kannst du herrlich in der Sonne sitzen, über das eben Gesehene nachdenken und einfach nur froh sein, dass diese Zeit vorbei ist.

Ein weiteres Museum stand auf meinem Plan, aber ich habe es dieses Mal nicht geschafft. Trotzdem möchte ich dir das Museum der Geschichte der polnischen Juden ans Herz legen.

Den Tag lasse ich auf der Dachterrasse des NYX Hotel in Warschau ausklingen. Mit Blick auf die fantastische Skyline des modernen Warschau, mitten drin der Kulturpalast, ist das die perfekte Location für den Sonnenuntergang.

Anreise:

Mit dem Zug kommst du von Berlin aus bequem nach Warschau. Dort nimmst du dir am besten einen Mietwagen und fährst mitten rein in diese schöne Landschaft mit den spannenden Geschichten.

Text und Fotos Britta Smyrak

Auf diese Pressereise war ich eingeladen vom Polnischen Fremdenverkehrsamt.

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