Nach einer turbulenten Bahnfahrt erreichen wir Bludenz. Nieselregen empfängt uns, während wir müde vom Bahnhof Richtung Altstadt laufen. Unser Ziel: das denkmalgeschützte Boutiquehotel „das TSCHOFEN“, ein echtes Juwel dieser Stadt, zentral gelegen am Nepomukbrunnen.

Wir stehen vor der Hoteltür, als ein Gast das Gebäude verlässt – und bevor die Tür zufällt, schlüpfen wir hinein. Das Restaurant im Erdgeschoss ist leer, die Rezeption unbesetzt. Wir stehen etwas ratlos da, während Wassertropfen von unseren Regenjacken auf den Boden tropfen.
Zum Glück habe ich die Telefonnummer des Hotels parat. Ein Anruf – Mailbox. Habe ich mich im Tag geirrt? Kurz darauf klingelt mein Telefon. Der Mann am anderen Ende klingt freundlich und erklärt mir, dass alles in der Mail gestanden hätte – die ich nicht gelesen habe. Ich ging ehrlich gesagt davon aus, dass Hotels tagsüber eine besetzte Rezeption haben. Sei’s drum. Auf dem Tisch liegt ein Umschlag mit der Zimmernummer 15 – und darin unsere Schlüsselkarte.
Wir legen das Gepäck aufs Zimmer, denn Bludenz will entdeckt werden. Wir essen zu Abend im trendigen Restaurant „Der Löwen“ und fallen dann müde ins Bett.
Erste Schritte durch die Altstadt – Industrie trifft Alpenidylle
Herrlich haben wir geschlafen, und das kleine, feine Frühstücksbuffet bietet alles, was ich am Morgen brauche. Der Kaffeeautomat füllt die Tassen randvoll – eine kleines Kunststück, nichts zu verschütten.

Frisch gestärkt machen wir uns auf den Weg zum Treffpunkt der klassischen Stadtführung vor dem Schloss Gayenhofen. Bludenz ist eine Kleinstadt, die Wege sind kurz.
Schokoladenduft liegt in der Luft. Er kommt vom Milka-Werk – ein riesiger, fensterloser Bau in Bahnhofsnähe. Wer hier eine charmante Schokofabrik mit lila Kühen erwartet, wird enttäuscht. Die industrielle Realität sieht anders aus.
Doch wir sind nicht wegen Schokolade hier. Uns interessiert das historische Bludenz – die Stadt, deren Name früher „nass und feucht“ bedeutete. Und wie passend das heute ist, denke ich, während der Regen beständig auf unsere Kapuzen trommelt.
Stadtführung im Regen – bunte Geschichte unter grauem Himmel
Eine kleine Gruppe unter bunten Schirmen erwartet uns am Schloss Gayenhofen, einst Sitz der Montforter Grafen. Das Gebäude hat eine bewegende Geschichte hinter sich und ist heute Sitz der Bezirkshauptmannschaft Bludenz. Von hier beginnt unsere Zeitreise durch die Stadt. Wir dürfen mit Hund teilnehmen, der von allen Teilnehmern freundlich akzeptiert wird. Nur in die Kirchen und auf den Turm darf der Hund nicht mit. Wir werden uns abwechseln.
St. Laurentiuskirche – Wahrzeichen der Stadt
Unsere erste Station ist die im 14. Jahrhundert erbaute und 1514 geweihte St. Laurentiuskirche. Mit ihrem weithin sichtbaren Kirchturm, der erst viel später errichtet wurde, gilt sie als Wahrzeichen von Bludenz. Im Inneren fallen mir vor allem die schwarzen Säulen aus Bingser Marmor auf.

Bei der Turmbesteigung wechseln wir uns ab. Einer steigt hinauf, der andere wartet mit dem Hund unten. Über enge Treppen geht es hinauf, vorbei an schweren Glocken, den Kopf eingezogen, damit man sich nicht stößt. Früher waren die Menschen einfach kleiner.
Das Geläut der Laurentiuskirche besteht aus drei Glocken. Zwei von ihnen sind so alt, dass sie von der Einschmelzung für Rüstungszwecke in beiden Weltkriegen ausgenommen wurden.




Oben erwartet uns ein weiter Blick über die Dächer von Bludenz bis hin zu den nebelverhangenen Bergen.

Einhorn-Wappen und Stadtgeschichte
Wieder unten, geht ein letzter Blick hinauf zum Turm, wo die vier Apostel Johannes, Petrus, Markus und Paulus an jeder Ecke sitzen. Außerdem sieht man das Wappen der Stadt Bludenz – das Einhorn, das für das Gute steht.

Beim Spaziergang durch die Altstadtgassen hören wir von den drei großen Stadtbränden: 1491, 1638 und dem schlimmsten 1682. Etwa hundert Holzhäuser – damals fast die gesamte Stadt – wurden durch das Feuer zerstört. Eine kleine Gedenktafel erinnert an diese Katastrophe. Danach ersetzte man die Holzbauten durch Steinhäuser – aus Sicherheitsgründen, aber auch, um moderner und beständiger zu bauen. Die heutigen Fassaden und Arkaden erzählen davon – schlicht, aber widerstandsfähig.
Der Nepomukbrunnen ist Endstation unserer Stadtführung. Johannes Nepomuk, Priester am Prager Königshof, wurde 1393 auf Befehl von König Wenzel IV. von der Karlsbrücke in die Moldau geworfen – angeblich, weil er das Beichtgeheimnis der Königin nicht brechen wollte. Sein Schweigen machte ihn zum Märtyrer. Seine Statue schützt seit Jahrhunderten Brücken, Flüsse – und in Bludenz symbolisch die ganze Stadt.

Natur und Umgebung – Bludenz, die 5-Täler-Stadt
Bludenz ist ein Paradies für Naturliebhaber. Nur wenige Minuten von der Altstadt entfernt beginnt die spektakuläre Bergwelt Vorarlbergs. Die fünf Täler rund um Bludenz sind:
- Brandnertal: Beliebt zum Wandern und Skifahren, bekannt für seine Familienfreundlichkeit.
- Montafon: Ein alpines Tal mit beeindruckender Bergwelt und vielfältigen Outdoor-Aktivitäten.
- Klostertal: Teil des Arlberggebiets, ein Highlight für Wintersport.
- Großes Walsertal: Ein UNESCO-Biosphärenpark, berühmt für seine unberührte Natur.
- Walgau: Das Tal im Westen von Bludenz, geprägt durch abwechslungsreiche Landschaft.
Wir nehmen den Bus 580 ab Postamt und fahren ins Brandnertal. Die Haltestelle Bürserberg-Tschappina ist unser Startpunkt für eine zweitägige Wanderung mit Hund zur Sarotla-Hütte. Mehr zu unserem Hüttenabenteuer gibt’s hier.

Als die Sonne herauskommt, wirkt alles noch schöner. Beim Abstieg von der Hütte verwöhnen uns ein strahlender Himmel und viele tolle Aussichten.
Veranstaltungstipps in Bludenz
Bludenz ist keine verschlafene Stadt – im Gegenteil, hier ist immer etwas los. Als wir zurück sind, spielt z.B. die Band The Monroes beim Event „Beats & Beer“ direkt vor unserem Hotel.
Highlights im Jahresverlauf:
- Alpinale Kurzfilmfestival – Ein internationales Festival für Kurzfilme, im August das Cineasten aus aller Welt anzieht.
- Bludenzer Themenmärkte – Vom Brot- und Strudelmarkt- bis zu Ostermarkt, Klostermark und Erntedankmarkt die regelmäßig die Altstadt füllen.
- Beats & Beer – Ein monatliches Musikfest im Sommer, bei dem Bands wie The Monroes live am Nepomukbrunnen auftreten.
- Adventmärkte & Lichterzauber – In der Vorweihnachtszeit verwandelt sich die Altstadt in ein stimmungsvolles Winterdorf.
Praktische Tipps für deinen Besuch

Schlechtwetter-Tipp: Schokoladenlädle oder ein Besuch im Milka-Werk.
Hoteltipp: Boutiquehotel „das TSCHOFEN“ – zentral und stilvoll. Hunde sind willkommen.
Restauranttipp: Gastwirtschaft „Der Löwe“ und das Hotelrestaurant im Tschofen.
Cafetipp: Traditionscafé Dörflinger. Hier trifft sich Bludenz zum Kaffee.
Anreise: Am besten mit der Bahn – die Innenstadt ist fußläufig. Die Gästekarte ermöglicht kostenlose Mobilität und mit der Fahrplan-App weßt du immer, wann der Bus fährt.

Stadtführungen: Klassische Altstadtführung oder Themenführungen wie die Nachtwächter-Tour. Hunde auf jeden Fall vorher anmelden.

Ausflugstipps: mit der Seilbahn hinauf zum Muttersberg, der Hausberg der Einheimischen oder in der Bürser Schlucht im Brandnertal wandern. Gehzeit 2 Stunden.
Hüttenwanderung mit Hund: Alle Hütten des Alpenverein Vorarlberg erlauben die Übernachtung mit Hunden.
Fazit – Bludenz zwischen Geschichte und Alpenabenteuer
Bludenz verbindet Altstadt-Charme, lebendige Kultur und die Nähe zu alpiner Natur. Ob Stadtführung im Regen, Hüttentour bei Sonnenschein oder Festivalbesuch – die kleine Alpenstadt hat mich überrascht. Vielleicht komme ich im Winter wieder, denn von Bludenz erreichst du schnell 10 Skigebiete mit bis zu 1000 Pistenkilometern.
Text und Fotos Britta Smyrak