Mein normaler Morgen in Italien? Natürlich erstmal auf den Markt! Sanremo hat eine Markthalle und dort muss man nur ein bisschen der frühe Vogel sein, denn ab Mittags ist zu. Aber, hey, willst du Sanremo mit Kindern entdecken bist du das ja gewohnt, ha! Also schnell schnell schnell erstmal ganz in Ruhe frühstücken. In der Markthalle gibt es als zweites Frühstück köstlichstes Obst und Gemüse aus der Region, das einfach nur vor Sonne strotzt. Gerne und viel wird auch das typische ligurische Bio-Öl und vor italienischer Sonne strotzende Limonen angeboten.
Hallo, Sanremo, piacere!
Wir probieren und kaufen uns durch. Lecker! Fasziniert bleibe ich vor einigen riesigen Stücken Parmesankäse stehen und löse mit meinen Fotos einen kleinen spontanen Fotoflashmob unter den anderen Besuchern aus. Gekichere auf allen Seiten, auch hinter den Ständen, wir kommen ins Gespräch. Ich liebe Märkte. Herrlich, wenn die Leute so plauderig und gemütlich sind. Klar, Italien eben.
An einem Wurststand entdecke ich einen Hund, der mit Frauchen Wurst einkauft. Hunde mit in der Markthalle? Geht auch nicht überall. Ich finde es jedenfalls höchst sympathisch.
Satt und mit neuen Schätzen ausgestattet, bin ich gespannt auf den Spaziergang durch die Altstadt. Ich will mich treiben lassen, denn so erobere ich mir gern neue Orte. Da ich vorher nur von der Existenz des bekanntesten Gebäudes Sanremos – dem Casino – wusste, galt es nun die Pigna, den ältesten Stadtteil zu entdecken. Die Pigna wurde im Mittelalter zum Schutz vor Piraten auf einem Hügel angelegt: Steile Straßen, übereinander gebaute Häuser und unzählige Durchgängen in verwinkeltste Gassen. Wie ich das gleich selber feststellen werde: alles richtig gemacht, undurchsichtiger geht’s nicht.
An einem Platz mit hoher Ebene und dieser kleinen Kirche Santuario della Madonna della Costa, knorrigen alten Bäumen, Spielplatz und guter Aussicht tauchen wir ein in die verzweigten, urigen Wege und Gässchen.
Aus der Zeit gefallen
Innerhalb der alten Mauern verlieren wir uns prompt. Ich bin völlig geflashed vom Charme des unperfekten Teils von Sanremo. Hier ist die Stadt an der Riviera so anders als gedacht. So ein Geheimtipp! An einer Abzweigung sehe ich einen kleinen, alten Mann. Er ist ganz in schwarz gekleidet und hat weißes Haar. Unter dem Arm trägt er eine Packung Kaffee und eine Packung Zucker. Da ich fast kein Italienisch kann und er kein Deutsch, kommunizieren wir eher mit Händen und Füßen über unsere Liebe zum Kaffee.
Vor seiner hutzeligen und äußerst simplen Haustür machen wir ein kleines Fotoshooting, bei dem der alte Herr ungeahnte Showqualitäten an den Tag legt. Unsere Lachmuskeln haben viel zu tun – und es wird noch besser: Als mich der weit über 80-jährige einlädt, doch in ein paar Monaten wiederzukommen, wenn das Wetter besser wird, muss ich schallend lachen. Denke ich drüber nach, fremder Herr! Dann ziehe ich weiter um die Häuser, mich wie Bolle über die tollen Fotos und diese erfrischende Begegnung freuend.
Du kannst hier wirklich ganz wunderbare Bilder machen. Ein Eldorado für alle, die wie ich diese Patina lieben in italienischen Städten. Hätte ich gar nicht so vermutet von Sanremo! Denn man hat immer die Nähe zu Nizza, Monaco und viel Chi-Chi im Kopf. Das hier ist etwas völlig Anderes. Und SEHR schön Anderes, wie ich finde. Hier kannst du beides bekommen: Mondänes, Edles, Luxuriöses UND real authentischen Shabby Vintage Chic. Ich vergesse fast, den Sanremo-Klassiker abzulichten: das Casino, sodass ich nochmal zurücklaufen muss, um es jetzt und hier für euch dabei zu haben. Et voilà!
Dieses Klima! Unverschämt mild.
Warum dieses Stück Riveria-Küste hier Blumen-Riviera heißt, ist unübersehbar: Hübscheste Blütenpracht, wohin du nur schaust. In vielen Gärtchen steht das, was ich mir für Berliner Klimaverhältnisse auch wünschen würde. Mandarinenbäumchen everywhere. Bitte ein- bis dreimal einpacken und mitnehmen. Aber genau so: in riesenhafter Größe und prächtigstem Fruchtstand. Warum kann ich so etwas nicht haben? Ich wohne DEFINITIV in der falschen Klimazone!
Apropos falsch wohnen: Da war ja noch von oben diese Sicht auf den Yachthafen. Dort haben wir erstmal geschaut und dann sehr gemütlich gechillt. Das geht ganz fantastisch. Vielleicht auch, weil es hier nicht ZU schick und nicht ZU schön ist. Niemand hat sich daran gestört, dass wir hier eine Stunde auf dem Steg zwischen den hübschen Booten herumlagen und uns unseren Träumen auf den Weltmeeren hingaben.
Faul sein ist wunderbar
Nach dieser supertollen Gedankenreise, die zwar weit über alle Weltmeere führte, aber nicht eine einzige Kalorie verbrauchte, sollten wir mal ein bisschen was für unsere reale Fitness tun. Gesagt, getan: ein Radverleih ist in Sanremo an jeder Ecke zu finden.
Die Sanremoaner sind so unsagbar schlau. Sie haben eine ehemalige, stillgelegte Bahnstrecke neu genutzt. Und zwar als Fitnessstrecke für alle. Als Radweg, als Promenierstrecke, als Rollerbladerparadies, als Rennradflitzestrecke und, was ich sehr oft mit hüpfendem Herzen sehe, als Fahrradfahr-Lernstrecke für die Lütten. Sofort muss ich an meinen großartigen Opa denken, der mir damals das Radfahren beibrachte. Das hier hätte er sicher auch gemocht.
Sanremo mit Kindern entdecken. Fahrradfahren kann so entspannt sein
Wir radeln los. Sanremo mit Kindern entdecken ist toll. Immer an der Promenade entlang, ein Träumchen. Ich könnte mir keine schönere Strecke vorstellen. Nichts stört, kein Auto, keine Kreuzungen, noch nicht mal Steigungen! Uns als Berliner mit schlimmsten Fahrradverhältnissen kommt es hier vor wie im Fahrradhimmel: einfach nur ideal für einen entspannten Urlaub mit Kind.
Beste Aussichten hast du nicht nur, weil sich dir das Meer in aller seiner Pracht vor die Pedale legt, neiiiin, du kannst auch kurz anhalten, vortäuschen, Sonnenuntergangsfotos zu machen und dabei ein bisschen die Surferjungs beobachten, die hier plötzlich in einem kleinen Rudel aufgetaucht sind. Du musst allerdings vielleicht genau wie ich aufpassen, dass du irgendwann auch weiterfährst … Rest der Familie, wo seid ihr?
Nobel am Wegesrand
Plötzlich gibt der Weg den Blick auf einen wunderschönen Bau auf: die Villa Nobel. Ende des 19. Jahrhunderts hatte also auch Alfred Nobel die Idee, hier alt zu werden. Damals reichte der Hausgarten bis hinunter zum Meer, nur unterbrochen durch die Eisenbahnstrecke. Heute braucht man sich nicht mehr die Nase am Gartentor platt drücken, sondern kann durch Villa und Garten spazieren oder im Sommer Theatervorstellungen und Konzerte genießen.
Du radelst durch Tunnel und durch Ortschaften, der Weg führt von Ospedaletti nach San Lorenzo. Wir machen – schon wieder, pfff egal, wir haben doch Zeit! – eine Pause am Strand. Doch nicht ohne uns bei einem Bäcker mit einer großen Tüte voller ortstypischer italienischer Backwaren einzudecken.
Ach übrigens typisch italienisch: Ich fragte in meinem Lieblings-Hotel nach einem Tipp für gutes Olivenöl. Es wurde uns das dortige Olivenöl-Menü empfohlen. Wir haben es getestet, es ist irre toll!
Ganz abgesehen von dieser Gaumenschmauserei kann ich euch als Souvenir-Idee das Taggiasca (sprich: Tadschaska) Olivenöl ans Herz legen. Es kommt von hier – aus Ligurien – und mit seiner Milde wirst du sicher jeden Beschenkten glücklich machen
Du bist im Italienfieber?
Kein Problem, noch mehr Reisetipps für Italien findest du hier:
- „Come to Calabria“ oder wie man ein ganzes Dorf rettet.
- Gardasee, you rock!
- Der Comer See in Italien. Einfach zu gut.
- Salento, Land zwischen den Meeren.
- Turin sehen und schlemmen
Text und Fotos: Sabine Neddermeyer