Pünktlich um 14 Uhr stehe ich auf dem Parkplatz gegenüber vom Haus am Wannsee, bereit für meine Pilzwanderung am Wannsee. Nach vielen grauen Tagen fühlt sich die Sonne heute fast wie ein Geschenk an. Das Licht fällt warm durch die Bäume, die Luft riecht nach Erde, Laub und feuchtem Moos. Ende Oktober zeigt sich der Herbst in Berlin noch einmal von seiner besten Seite.
Die Pilzsaison ist in diesem Jahr ungewöhnlich lang. Der feuchte Juli hat sie früh beginnen lassen, schon im August standen die ersten Pilze in den Berliner und Brandenburger Wäldern. Jetzt, kurz vor November, zeigen sich noch immer erstaunlich viele Arten.
Unsere Gruppe besteht aus vierzehn Personen – Paare, Alleinwanderer, Familien. Menschen mit Körbchen, Messern und Neugier im Blick. In der Mitte steht Fritz, unser Guide. Er trägt grüne Socken mit kleinen Pilzmotiven – passend zum Thema.
Er erklärt, dass wir heute nicht einfach essbare Pilze sammeln, sondern lernen wollen, sie zu erkennen, zu unterscheiden und den Wald besser zu verstehen.
Drei Arten von Pilzen
Zu Beginn erklärt Fritz die drei großen Lebensweisen der Pilze: parasitär, symbiotisch und saprobiontisch.
Parasitäre Pilze leben auf Kosten anderer Pflanzen oder Bäume, wie die Krause Glucke, die sich gern am Fuß von Kiefern niederlässt und Nährstoffe aus der Wurzel zieht.
Saprobiontische Pilze sind die Zersetzer des Waldes. Sie leben von abgestorbenem Material und halten so das ökologische Gleichgewicht.
Symbiotische Pilze leben in enger Partnerschaft mit Bäumen, tauschen Nährstoffe aus und unterstützen deren Wurzeln.
Pilze sind weder Pflanzen noch Tiere. Sie bilden ein eigenes Reich, das im Wald eine stille, aber unverzichtbare Rolle spielt.
Pilze in Zahlen
Fritz erzählt, dass es weltweit rund zwei Millionen Pilzarten gibt. Nur etwa 100.000 bis 200.000 sind bislang beschrieben. In Deutschland sind etwa 5.000 Arten bekannt, die einen Fruchtkörper bilden – also solche, die wir beim Wandern überhaupt wahrnehmen.
Die Wissenschaft der Pilze, die Mykologie, ist noch relativ jung. Erst seit wenigen Jahrzehnten weiß man, dass Pilze kein Teil des Pflanzenreichs sind, sondern eine eigene biologische Gruppe.
Auf der Lichtung
Wir biegen in den Waldweg ein und erreichen nach wenigen Minuten eine kleine Lichtung mit einem Hochsitz. Das Licht fällt sanft durch die Baumkronen, auf dem Boden schimmert Moos zwischen Buchenblättern.
Fritz erklärt, wie man Pilze richtig sammelt: Wir sollen sie vorsichtig herausdrehen, nicht abschneiden, damit man den ganzen Stiel samt Knolle sehen kann. Nur so lässt sich ein Pilz sicher bestimmen.
Er erklärt auch, warum es gut ist, Pilze im Korb zu sammeln. Dort können sie atmen und weiterhin Sporen verteilen. In Plastiktüten verderben sie schnell.
Sammeln und Staunen bei der Pilzwanderung am Wannsee
Dann strömen wir in den Wald. Schon nach wenigen Metern entdecke ich kleine braune Hüte im Moos. Ich knie mich hin, drehe einen vorsichtig heraus und betrachte die Stielbasis.
Nach einer halben Stunde treffen wir uns wieder auf der Lichtung. Auf einem umgestürzten Stamm breiten wir unsere Funde aus. Die Vielfalt ist beeindruckend: Röhrlinge, Lamellenpilze, Boviste und sogar zwei kleine Erdsterne.

Der Aufbau eines Pilzes
Ein Pilz besteht aus Hut oder Haube, Stiel, Manschette, Röhren oder Lamellen und bei manchen Arten einer Knolle an der Basis. Unter dem Hut sitzen entweder feine Lamellen (wie beim Parasol oder Knollenblätterpilz) oder ein Schwamm aus Röhren (wie bei Steinpilzen oder Maronen). Diese Strukturen sind entscheidend, um Pilzarten sicher zu unterscheiden.

Wir sortieren, vergleichen, riechen. Der Wald zeigt seine ganze Vielfalt – von kräftigem Braun über zartes Violett bis zu blassgrün..
Giftig oder essbar?
Jetzt wird es spannend. Fritz zeigt den Grünen Knollenblätterpilz – einen der giftigsten Pilze Europas. Sein Hut ist seidig, die Lamellen weiß, an der Basis sitzt eine Knolle, die oft im Boden verborgen bleibt. Eine feste Manschette um den Stiel ist ein weiteres Merkmal. Ein einziger Biss kann tödlich sein.

Daneben gibt es den Kahlen Krempling. Er sieht harmlos aus, doch das Gift wirkt schleichend, schwächt über Jahre das Immunsystem und kann zum Tod führen. Ein Grund, nur absolut sichere Pilze zu verzehren.
Fritz betont: Nur geprüfte Pilzsachverständige dürfen eine Verzehrfreigabe erteilen. Die Ausbildung dauert Jahre und umfasst Hunderte Pilzarten, Chemie und Mikroskopie.
Der Parasol und andere Doppelgänger
Zum Vergleich zeigt Fritz den Parasol, einen hohen Pilz mit großem Hut und verschiebbarer Manschette. Jung riecht er angenehm nussig.

In der Familie der Röhrlinge gibt es keinen tödlich giftigen Pilz. Trotzdem sollte man aufmerksam sein. Der Falsche Röhrling kann Magen-Darm-Beschwerden verursachen. Der Satansröhrling fällt auf durch seinen roten Stiel.
Die Marone unterscheidet sich leicht: Ihre Röhren bläuen bei Druck. Der Butterpilz hat eine glitschige Hutoberfläche, die man vor der Zubereitung abziehen sollte.
Der König der Pilze ist der Steinpilz: helle Röhren, dicker Stiel, kein Bläuen bei Druck. Ein echter Klassiker – fest, duftend und unverwechselbar.
Boviste, Fliegenpilz und Täublinge
Einige Funde gehören zu den Bovisten. Junge Exemplare sind essbar, solange das Innere weiß ist. Alte Boviste setzen beim Zerdrücken eine Staubwolke frei – daher der Name.

Der Fliegenpilz darf nicht fehlen: wunderschön, aber giftig, mit rotem Hut und weißen Punkten.
Dann entdecken wir Täublinge. Ihre Hüte leuchten in Rot, Violett oder Gelb. Lamellen brechen leicht, der Stiel ist weich. Beim Knollenblätterpilz ist der Stiel faserig und bricht nicht – ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal.
Fritz zeigt uns auch den klassischen Geschmackstest: Ein kleines Stück des Täublings wird vorsichtig auf die Zunge gelegt – ohne zu schlucken. Wenn es scharf oder taub schmeckt, ist der Pilz ungenießbar. Milde Exemplare sind meist essbar. Ich probiere – es brennt wie Pfeffer. Schnell spucke ich aus.
Kleine Braune Pilze und Milchlinge
Viele unserer Funde sind unscheinbare kleine braune Pilze – kurz „KBP“ genannt. Diese Bezeichnung steht in der Mykologie für „kleine braune Pilze“ und fasst eine Vielzahl schwer bestimmbarer Arten zusammen. Sie werden in der Regel nicht gesammelt, weil sie leicht zu verwechseln sind.

Zum Abschluss lernen wir noch die Familie der Milchlinge kennen. Wenn man ihre Lamellen verletzt, tritt eine milchige Flüssigkeit aus. Daher der Name. Sind die Tropfen weiß, sollte man vorsichtig sein – sind sie rötlich, ist der Pilz in der Regel essbar.
Das geheime Leben unter der Erde
Fritz erklärt, dass der eigentliche Pilz nicht der Fruchtkörper über der Erde ist, sondern das Myzel unter der Oberfläche. Dieses feine Fadengeflecht kann Quadratmeter um Quadratmeter durchziehen, verbindet Bäume miteinander und ermöglicht ihnen, Wasser und Nährstoffe auszutauschen.
Über dieses Netzwerk, manchmal auch „Wood Wide Web“ genannt, kommunizieren Bäume miteinander. Sie warnen sich vor Schädlingen, teilen Zucker und unterstützen kranke Nachbarn. Es ist ein faszinierendes, unsichtbares System, das zeigt, wie lebendig der Wald wirklich ist.
Baumpilze und alte Techniken
An einem umgestürzten Stamm entdecken wir verschiedene Baumpilze. Sie wachsen wie kleine Fächer oder halbrunde Teller aus der Rinde. Einige sind weich, andere hart wie Kork.

Besonders beeindruckend ist der Zunderschwamm. Er ist nicht essbar, wurde aber früher zum Feuermachen verwendet – daher sein Name. Schon Ötzi, der Mann aus dem Eis, trug ein Stück Zunderschwamm bei sich. Er nutzte ihn vermutlich, um Glut zu transportieren oder Feuer zu entfachen.
Sammeln mit Respekt
Als wir zum Parkplatz zurückkehren steht die Sonne tief, das Licht ist golden. In meinem Korb liegen ein paar Maronen und ein Parasol.
Fritz erinnert uns daran, dass man beim Sammeln nie alles mitnehmen sollte. Pilze sind Teil des Kreislaufs, sie ernähren Tiere, zersetzen Holz und halten den Wald gesund. Wer sammelt, sollte es mit Respekt tun.
Fazit meiner Pilzwanderung am Wannsee
Die Pilzwanderung am Wannsee war für mich ein Ausflug in eine andere Welt – still, lehrreich und voller Staunen. Ich habe gelernt, genauer hinzusehen, Zusammenhänge zu verstehen und den Wald mit neuen Augen zu sehen.
Pilze sind keine bloße Beute, sondern Botschafter eines geheimen Lebens, das unter unseren Füßen pulsiert.
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Text und Fotos Britta Smyrak
Vielen Dank an Wildschytz für die Einladung zur Pilzwanderung.
