Die Wolken hängen dunkel über dem Meer. Der Wind bläst und ich sammle meine 7 Sachen zusammen für ein Interview mit Sally Besitzerin von Jakes Hotel auf Jamaika in Treasure Beach. Kamera, Handy, Stift Block, ich bin zu spät dran. Flip Flops an und los. Ich sprinte aus meinem wunderschönen Häuschen am Meer los in Richtung Restaurant.
Auf halbem Weg kommt mir eine zierliche Frau in knallgelbem T-shirt mit Hut und strohblonden Haaren entgegen. An ihrem resoluten Schritt ist unschwer zu erkennen, sie hat hier etwas zu sagen. Logisch, denn das ist Sally. Für den Bruchteil einer Sekunde bin ich irritiert. Warum hatte ich mir eine große Frau vorgestellt? Vielleicht weil ich dachte, wer Großes schafft muss selber groß sein? Ist natürlich Quatsch. Sally hat keine Zeit zu verlieren, mit festem Druck schüttelt sie zur Begrüßung meine Hand und ich folge ihr zur Bar mit Blick aufs Meer. Sally schaut mich auffordernd an, lächelt, los geht’s.
Sally, wie ist das Leben auf Jamaika?
Nun, es ist großartig. Ich kenne es ja nicht anders. Die Jamaikaner sind so wunderbare Menschen, so freundlich. Ich wurde in der 40er Jahren auf Jamaika geboren und eigentlich ist mein Onkel daran schuld. Er hat als junger Mann auf einem Schiff in Antigua angeheuert, obwohl er überhaupt keine Ahnung hatte von der Seefahrt. Er wollte mit einem reichen Amerikaner um die Welt segeln, aber dann kam der schwarze Freitag 1929. Die Börsen brachen ein. Sie waren noch gar nicht weit gesegelt und der amerikanische Millionär war Pleite. Er kündigte meinem Onkel, brach die Weltreise ab und kehrte nach Amerika zurück.
Mein Onkel war arbeitslos, aber weil es ihm vorher auf Jamaika so gut gefallen hatte, kehrte er zurück und schrieb meinem Vater, er solle auch kommen und das Angelzeug mitbringen. Und mein Vater hat es einfach gemacht. Wie lebten in einem Haus in den Bergen, in der Nähe von Mandeville.
Mein Vater baute hier in Treasure Beach ein Sommerhaus für uns. Wir nannten es unser Treasure Cot und ich habe es sehr geliebt, hier zu sein. In der Woche haben die Tage gezählt, bis wir wieder zum Meer konnten.
Gibt es eine Geschichte zu Jakes Hotel auf Jamaika?
Unser Sommerhaus stand hier ganz in der Nähe und ich wollte immer wieder zurück ans Meer. Eines Tages war das Land dann zu kaufen. Hier stand nur ein Haus, das ist jetzt die Lobby von Jakes Hotel. Es hatte vier Zimmer und ich wollte gar kein Hotel eröffnen. Ich merkte nur sehr bald, dass es in dieser Gegend überhaupt kein gutes Restaurant gab, also habe ich ein Restaurant eröffnet. Die Leute haben gemerkt, dass unser Essen gut ist. Es sprach sich rum, sie mochten unser Essen. Und dann haben die Ersten gefragt, ob sie nicht auch über Nacht belieben könnten. Wir haben zwei Zimmer angebaut und hatten dann 6 Zimmer. Wir konnten Land dazukaufen und so ging es immer weiter.
In der Hochsaison haben wir verschiedene Veranstaltungen. Alle zwei Jahre gibt es ein Literaturfestival, immer am ersten Wochenende im Juni. Salman Rushdi war schon zu Gast bei uns. Das Design der Häuser ist von mir. Ich bin ein bisschen alles, Künstler, Maler, Schriftsteller, Designerin. Mein Mann war Filmemacher.
„The harder they come“ Du bist die Frau von Perry Henzell?
Oh, du kennst den Film? Ja, Perry war mein Mann. Er ist leider schon gestorben. Er hat noch mehr Filme gemacht. Der Zweite war viel experimenteller, aber das Material ist verloren gegangen. Erst ein paar Jahre vor seinem Tod ist es wieder aufgetaucht. Der Film soll jetzt vielleicht ins Kino kommen. Mal sehen, Perry wollte eigentlich drei Filme machen, aber dann hatte er kein Geld mehr. Bevor er Filme gemacht hat, hat er auch ein Buch geschrieben über einen weißen Sklaven. Die gab es nämlich auch. „Cane. A white Slave.“
Hast du Jamaika schon mal den Rücken gekehrt?
Oh ja, als ich 17 war, da bin ich nach Paris gegangen. Ich wollte Schaufensterdekorateurin werden. Und ich habe tatsächlich die Schaufensster dekoriert (sie lacht). Aber dann wollte ich wieder zurück nach Jamaika. Ich habe meinen Mann Perry Henzell kennengelernt und wir haben 1965 geheiratet. Er hat mit seiner Filmagentur Werbespots und Dokumentarfilme gedreht und ich habe Kindermode gemacht. Ich habe fast alles ausprobiert. Und er hat mich immer unterstützt. „Los mach es, versuch es“ hat er immer gesagt. Aber eigentlich habe ich die Kinder bekommen und bin nur Mutter gewesen. (Sie lächelt und bestellt sich etwas zu trinken: Oh ich sollte nicht so viel trinken!)
Ach komm, Sally du bist das Herz von all dem!
Ja, wir haben immer wieder Land dazugekauft und neue Häuser gebaut. Das Design in den Zimmern ist von mir. Es ist eine Kombination aus Fundstücken aus dem Meer und Jamaika. Wenn jemand vom Jamaikanischen Tourismus Büro nach Treasure Beach kam, hat meine Mutter immer erzählt, dass die Strömung im Meer hier so gefährlich ist. Sie wollte nicht, dass so viele Fremde kommen, sie wollte, dass wir und unsere Freunde unter uns bleiben. Es sollte ein Geheimtipp bleiben. Insgesamt haben wir 30 Häuser hier und in der näheren Umgebung. Alle individuell und in verschiedenen Größen.
Das Telefon klingelt, Sally muss los. Wir verabschieden uns und weg ist sie. Ich bin ein großer Fan von dem Film „Thehardertheycome“ und hätte mir vorher jemand erzählt, das ich Sally die Frau von PerryHenzell in Jakes Hotel auf Jamaika treffen würde, ich hätte wochenlang vor Vorfreude nicht schlafen können! Mit den Songs von Jimmy Cliff im Ohr spaziere ich beschwingt in mein kleines Häuschen und kann mein Glück immmer noch nicht fassen.
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Text und Fotos Britta Smyrak