Wolfenbüttel ist eine Fachwerkstadt in Niedersachsen, die sich am besten zu Fuß entdecken lässt. In der langen Fußgängerzone, auf dem Marktplatz oder in den Seitenstraßen – überall stoße ich auf historische Fachwerkhäuser und spannende Geschichten. Drei Tage lang tauche ich ein in die Stadt und entdecke die schönsten Sehenswürdigkeiten in Wolfenbüttel: vom Lessinghaus über Klein Venedig bis hin zu Spaziergängen durch die Grünanlagen am Stadtgraben.
Tag 1: Vom Lessinghaus in die Altstadt von Wolfenbüttel
Mein Tag beginnt mit einem Besuch im Lessinghaus in Wolfenbüttel., das sich wie eine Reise ins 18. Jahrhundert anfühlt. Gotthold Ephraim Lessing verbrachte hier seine letzten elf Lebensjahre (1770–1781). Als Bibliothekar der Herzog August Bibliothek, die damals in einem runden Holzbau direkt neben dem Haus stand, ordnete er rund 100.000 Bände neu. Trotz fehlender Heizung im Winter und eingeschränkter Öffnungszeiten öffnete er die Bibliothek für die Öffentlichkeit – ein Schritt, der erstmals breiten Zugang zu diesem Wissensschatz schuf.
Sein Leben in Wolfenbüttel war anfangs von Einsamkeit geprägt. Erbprinz Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel, der ihm die Stelle verschafft hatte, hielt zu seinem Personal ein distanziertes Verhältnis und seit dem Wegzug des Hofes nach Braunschweig (1753) war es sehr ruhig geworden in Wolfenbüttel. Damit fehlte Lessing sowohl der geistige Austausch als auch ein gesellschaftliches Umfeld.

1776 heiratete er seine langjährige Verlobte Eva König, die für ihn nach Wolfenbüttel zog. Doch das Glück im gelben Haus währte nur kurz: Ihr Sohn starb am Tag nach der Geburt 1777, und wenige Tage später auch Eva. Tief getroffen richtete sich Lessing in ihrem Sterbezimmer sein Arbeitszimmer ein. Dort entstand sein berühmtestes Werk „Nathan der Weise“, dessen Ringparabel bis heute für religiöse Toleranz und Humanität steht.
Neben seiner literarischen Arbeit war Lessing für seine Spielleidenschaft bekannt, die ihn immer wieder in finanzielle Not brachte. Zweimal musste er sogar seine private Bibliothek verkaufen. Auch sein intellektueller Eifer führte zu Konflikten. Besonders die Veröffentlichung der „Wolfenbütteler Fragmente“ von Reimarus löste heftige Kontroversen aus. Zensurmaßnahmen sollten ihn zum Schweigen bringen, doch er verteidigte sich mit scharfen Schriften, unter anderem gegen den Hamburger Hauptpastor Goeze.
Das Lessinghaus vermittelt bis heute einen eindrucksvollen Einblick in das Leben des Dichters – geprägt von Schaffenskraft, persönlichen Schicksalsschlägen, Einsamkeit und unermüdlichem Einsatz für Aufklärung und Toleranz. Für Literatur- und Geschichtsfreunde ist Wolfenbüttel deshalb ein Muss.
Herzog August Bibliothek – eine der bedeutendsten Bibliotheken Europas
Direkt hinter dem Lessinghaus liegt die berühmte Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel, , auch „Bibliotheca Augusta“ genannt. Gegründet im 16. Jahrhundert von Herzog Julius, wurde sie unter Herzog August dem Jüngeren (1579–1666) zu einer der größten Büchersammlungen ihrer Zeit. Um 1650 galt sie sogar als die umfangreichste Bibliothek weltweit.

Ursprünglich befand sich die Bibliothek in einem runden Holzbau, der „Bibliotheksrotunde“. Dieser bot jedoch wenig Schutz vor Feuer, Kälte und Feuchtigkeit – eine Gefahr für die wertvollen Bücher. Ende des 19. Jahrhunderts zog die Bibliothek daher in das repräsentative Neorenaissance-Gebäude, das bis heute genutzt wird.
Heute umfasst die Sammlung rund eine Million Bände, darunter wertvolle Handschriften und Frühdrucke. Berühmt sind der „Codex Guelferbytanus“ sowie eine der größten Sammlungen mittelalterlicher Handschriften. Damit ist die Herzog August Bibliothek bis heute ein internationales Forschungszentrum für Buch- und Kulturgeschichte.
Fachwerkidylle in der Krummen Straße und am Stadtmarkt
Das Leben und Wirken von Lessing beschäftigt mich, doch mein Weg führt mich weiter. Ich werfe noch einen Blick auf das mächtige Schloss Wolfenbüttel, das direkt gegenüber vom Lessinghaus steht, und gehe dann in die Krumme Straße. Heute wirkt sie mit ihren schiefen Fachwerkhäuser malerisch, doch früher war es eine Arme-Leute-Straße, in der Handwerker, Tagelöhner und kleine Händler lebten.

Weiter geht es zum Stadtmarkt Wolfenbüttel, dem Zentrum der Altstadt. Jeden Mittwoch und Samstag ist hier Markttag, dann bieten Händler aus der Region frische Produkte an. Der 1904 eingeweihte Brunnen mit dem Denkmal für Herzog August II. erinnert an den Gründer der Herzog August Bibliothek. Umgeben von Fachwerkhäusern spürt man hier die Geschichte der Stadt besonders intensiv.

Nur wenige Schritte entfernt liegt Klein Venedig Wolfenbüttel, ein malerischer Überrest des historischen Grachtensystems. Ende des 16. Jahrhunderts legten niederländische Baumeister Kanäle an, um den sumpfigen Boden zu entwässern und neue Wohnflächen zu schaffen. Heute spiegeln sich Häuser und Bäume romantisch im Wasser – ein verstecktes Highlight der Stadt.


Auf dem Rückweg entdecke ich das schmalste Haus der Stadt am Kleinen Zimmerhof, die Traditionskneipe „Theo“ und das Restaurant Zimmerhof13 wo ich den Tag bei regionaler Küche in einem liebevoll restaurierten Fachwerkhaus ausklingen lasse.

Tag 2: Mit „You Discover Wolfenbüttel“ auf Erkundungstour
Am zweiten Tag starte ich mit einer besonderen Stadterkundung: „You Discover Wolfenbüttel“, ein Outdoor-Escape-Game. Mit Kompass und Anleitungsheft löse ich Rätsel, entdecke versteckte Gassen, historische Gebäude und kleine Plätze. Die Tour dauert rund vier Stunden und lässt sich flexibel gestalten – perfekt, um Wolfenbüttel individuell zu erleben.

Du erhältst diese Tour und weitere Informationen zu speziellen Stadttouren bei der Touristeninfo Wolfenbüttel.
Nach einer Mittagspause im Restaurant L’Oliveto besuche ich die Gedenkstätte JVA Wolfenbüttel. Die Ausstellung ist eindringlich und erinnert an die Opfer der NS-Justiz. Die Atmosphäre ist still und bewegend, ich verlasse den Ort sehr nachdenklich.

Auf meinem Rückweg schlendere ich am Stadtgraben Wolfenbüttel entlang. Früher Teil der Stadtbefestigung, ist er heute ein grüner Spazierweg mit Wasserturm und Fontäne. Im Seeliger Park mit seinen alten Bäumen finde ich Ruhe, bevor ich ins Jugendgästehaus Wolfenbüttel zurückkehre.
Tag 3: Abschied von der Fachwerkstadt
Am dritten Tag schlendere ich noch einmal durch die Altstadt. Ich entdecke die historischen Krambuden mit ihren Inschriften und genieße die besondere Atmosphäre der Fachwerkstadt. Ich trinke einen Kaffee im Café Katzenwald und lasse die drei Tage Revue passieren.
Wolfenbüttel zeigt sich mir als Stadt voller Kontraste: ruhig und lebendig, nachdenklich und romantisch. Drei Tage sind schnell vorbei – doch die Eindrücke bleiben.
Wolfenbüttel entdecken macht hungrig und durstig
Eine Städtereise nach Wolfenbüttel ist voller Kultur, Geschichte und Fachwerkidylle – und macht natürlich auch hungrig. Hier kommen meine persönlichen Empfehlungen für Cafés, Restaurants und Unterkünfte sowie weitere Tipps, was man in Wolfenbüttel erleben kann.
Café-Empfehlungen in Wolfenbüttel
Hofcafé – ideal, um in ländlich-entspannter Atmosphäre regionale Spezialitäten und selbstgebackenen Kuchen zu genießen.
Café Katzenwald – ein gemütliches Café für Katzenfreunde, perfekt für eine entspannte Pause mit Kaffee und Kuchen.
Restaurant-Empfehlungen in Wolfenbüttel
- Restaurant L’Oliveto – italienische Küche im Herzen der Altstadt. Hier gibt es knusprige Pizza, hausgemachte Pasta und mediterranes Flair.
- Restaurant Zimmerhof13 – ein stilvolles Restaurant in einem historischen Fachwerkhaus. Besonders empfehlenswert für regionale Spezialitäten, eine feine Weinauswahl und das schöne Ambiente direkt an der Oker.
Unterkunft in Wolfenbüttel
Zauberhafte Ferienwohnung im Herzen von Wolfenbüttel – gemütlich eingerichtet und sehr beliebt. Oft schnell ausgebucht, aber durch die Lage in der Altstadt perfekt für einen längeren Aufenthalt.
Jugendgästehaus Wolfenbüttel – zentrale Lage, freundlich und ideal für Gruppen oder Familien.
Weitere Tipps für Aktivitäten und Sehenswürdigkeiten in Wolfenbüttel
Drei Tage reichen kaum aus, um alle Sehenswürdigkeiten in Wolfenbüttel zu entdecken. Deshalb lohnt sich auch ein zweiter oder dritter Besuch. Hier einige Highlights:
- Schloss Wolfenbüttel besichtigen – eines der größten Residenzschlösser in Niedersachsen.
- Kanu fahren auf der Oker – z. B. von Börßum bis Wolfenbüttel.
- SUP-Stadttour auf der Oker – die Altstadt vom Wasser aus erleben.
- Sauna im Stadtbad Okeraue – perfekt zum Entspannen.
- Discgolf im Seeliger Park – sportlich und unterhaltsam.
- Stadtführungen in Wolfenbüttel – thematisch spannend, von Fachwerk über Literatur bis hin zu kulinarischen Touren.
- Kirchen in Wolfenbüttel besichtigen – darunter die imposante Hauptkirche Beatae Mariae Virginis.
- Einen Jägermeister bei „Theo“ trinken – Kult in Wolfenbüttel, der Heimat des weltbekannten Kräuterlikörs.
Und das ist längst nicht alles: Wolfenbüttel bietet immer wieder neue Eindrücke, kulinarische Überraschungen und geschichtsträchtige Orte, die entdeckt werden wollen.
Text und Fotos Britta Smyrak
Meine Reise wurde unterstützt vom Tourist-Info Wolfenbüttel.