Lito Dakou, einfach nicht zu bremsen!

Lito Dakou und das Molyvos International Music Festival

Ich bin großer Griechenlandfan und Anfang April war ich auf Einladung der griechischen Botschaft bei einem Klavierkonzert im Radialwerk in Berlin. Anlass war die Vorstellung des „Molyvos International Music Festival“ auf der griechischen Insel Lesbos. Seit über zwei Jahren meiden Touristen die Insel wegen der Flüchtlingskrise und die wirtschaftliche Situation ist angespannt. Die Hilfsbereitschaft der Inselbewohner ist weiterhin ungebrochen und das Festival ist der Versuch, das Engagement zu unterstützen und das Zusammenleben auf der Insel zu fördern. Die Gründer möchten, dass Lesbos für Hoffnung und die verbindende Kraft der Musik steht. Die eigentliche Idee hatte allerdings Lito Dakou. Ihr Herz und ihre Seele gehören Molyvos und mit ihrer sprühenden Energie hat sie es geschafft eine ganze Insel zu mobilisieren. Grund genug für mich, ihr ein paar Fragen zu stellen.

Lito, wann hattest Du die Idee ein Festival für klassische Musik auf Lesbos zu organisieren?

Ich hatte immer den Wunsch, dem Ort zu helfen, den ich am meisten liebe. Am Anfang hatte ich keine konkrete Idee. Die Idee des Festivals ist mit der Zeit herangereift: Meine zwei Töchter sind Pianistinnen und haben ihre Liebe zum Klavier im Kindesalter entdeckt. Während unserer jährlichen Ferienzeit in Molyvos, haben sie natürlich immer geübt. Am Anfang hatten wir kein eigenes Klavier in Molyvos. Deswegen waren wir ständig auf der Suche nach einem Klavier. Überall wo sie geübt haben, kamen die Menschen, hörten begeistert zu und fragten, was für eine Art Musik es war. Ausschlaggebend war ein Gespräch mit den Pfadfindern vor ein paar Jahren. Ich bemerkte, dass die klassische Musik auf der Insel praktisch inexistent war. So entstand die Idee, die klassische Musik hierher zu bringen und dadurch den Ort zu unterstützen. Mit einem Festival können Horizonte geöffnet werden, die regionale Entwicklung wird angekurbelt und die Jugend wird gefördert. Die Idee des Molyvos International Music Festivals war geboren. Das Musiker-Netzwerk der künstlerischen Leiterinnen, Danae und Kiveli Dörken, garantiert hohe Qualität, der Ort ist magisch und die Kombination von örtlicher Schönheit und hoch-qualitativer klassischer Musik einfach unschlagbar. Zusätzlich leistet das Festival mit seinem Bildungsprogramm Pionierarbeit in den Schulen von Lesbos während des ganzen Jahres.

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Wie hast du die Einwohner der Insel dafür begeistert?

Teamarbeit ist das magische Wort! Zuerst habe ich über die Idee und das Projekt gesprochen und vor allem, was so ein Projekt für die Zukunft der Insel bedeuten könnte. Am Anfang war es für die Einwohner nicht leicht die Dimensionen eines solchen Vorhabens zu begreifen. Es ist mir dennoch gelungen, zwei visionäre Damen zu finden, Rallou Kralli und Fotini Fraggouli, die tief in der hiesigen Gesellschaft verwurzelt sind. Dann traf ich den Sohn eines Unternehmers, Dimitris Tryfon, der von der Insel stammt. Alle waren sofort von der Idee begeistert, haben mich unterstützt und gehören seitdem zu dem engsten Kreis unserer Mannschaft. Dann folgten sehr viele Gespräche mit allen möglichen Leuten: Restaurantbesitzer, Hotelbesitzer, Touristenagenten,  Fischern, Hausfrauen, Lehrer, Kinder. Unser Ziel war Aufklärungsarbeit zu leisten. So entstand eine Kooperation mit der „Molyvos Tourism Association“, der Gemeinde von Molyvos und der Regionalverwaltung der Nordägäis.
Ich bin stolz auf unser Team, das langsam wächst und Spitzenarbeit leistet. Unsere Öffentlichkeitsverantwortliche, Frau Myrto Vounatsou macht tolle Arbeit. Es reicht aber nicht über Musik zu sprechen und zu erzählen. Man muss sie erleben. Deswegen organisierten wir ein Jahr vor dem Festival (2014) ein „Probekonzert“.  Die Leute waren davon begeistert und es gab uns die Bestätigung, dass wir auf dem korrekten Weg sind.

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Bei dem Namen Lesbos denken viele nur Flüchtlinge. Kann das Festival das ändern?

Musik verbindet, Musik vereint. Mit der diesjährigen Thematik des Festivals: „Crossroads“, indem Musik aus allen Himmelsrichtungen erklingen wird, möchten wir durch diese Vielfältigkeit nicht unsere Verschiedenheiten, sondern unsere Gemeinsamkeiten hervorheben.
Die Inselbewohner haben die Flüchtlinge, selbstlos, mit offenen Armen empfangen. Viele Inselbewohner sind selbst Flüchtlinge, die 1922 aus Kleinasien vertrieben worden sind. Jetzt, nachdem die große Flüchtlingswelle vorbei ist, leidet die Insel unter dem großen Tourismusrückgang, obwohl kaum mehr Flüchtlinge auf der Insel sind. Das Festival ist für die Leute eine Oase der Hoffnung, ein Botschafter des Zusammenhalts, der Völkerverbindung und der Entwicklung.

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Was ist das besondere an Lesbos?

Lesbos hat eine große kulturelle Tradition. Von der Antike bis heute: Die erste Dichterin Europas, die frühgriechische Lyrikerin Sappho, kommt aus Lesbos und lebte hier vor über zweieinhalb Jahrtausenden. Ihr Zeitgenosse, der Lyriker Alkaios, ist der wichtigste Vertreter der äolisch-lyrischen Poesie. Terpandros, geb. 712 v. Chr. im alten Antissa (Dorf auf Lesbos), ist die erste fest umrissene Gestalt der griechischen Musikgeschichte und der modernen Musikgeschichtsschreibung. Er war ein Kitharöde und der wichtigste Erneuerer des 7. Jh. v. Chr. auf musikalischem Gebiet. Mit ihm traten die Saiteninstrumente stärker in den Vordergrund. Arion, der Sänger und Dichter, Entwickler des Dithyrambus im 7. Jh. v. Chr., stammte aus Mithymna (dem heutigen Molyvos). Der berühmte griechische Philosoph Aristoteles reiste im 4. Jh. v. Chr. nach Lesbos. Seine Faszination von dem, was er dort fand, und seine sorgfältige Studie davon, führte zur Entstehung einer neuen Wissenschaft – Biologie! Auch der Philosoph und Naturforscher Theophrastos ist in Eressos auf Lesbos geboren. Er war Schüler von Aristoteles und Leiter der peripatetischen Schule. Einer der zwei griechischen Literaturnobelpreisträger, Odysseas Elytis, stammte aus Lesbos. Die gesamte Insel zusammen mit dem versteinerten Wald (UNESCO Weltkulturerbe) wird als ein UNESCO-Geopark geschützt. Die Insel, und vor allem Molyvos, hat eine magische, inspirierende Atmosphäre, die man erleben muss. Es liegt etwas in der Luft … es ist zweifellos eine Reise wert!

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Was wünschst du dir für die Zukunft?

Ich wünsche mir, dass das Molyvos International Music Festival (MIMF), ein weltbekanntes, etabliertes Festival wird. Es handelt sich um ein Festival, welches das Ziel hat, klassische Musik auf höchstem Niveau Menschen jeden Alters näher zu bringen und sich für die kulturelle Förderung der Jugend einzusetzen. Ein Festival, das Aspekte der Kunst- und Kulturförderung, der Bildung und Erziehung, der Völkerverständigung zwischen Deutschland, Griechenland und ganz Europa gleichermaßen bewirken kann.
Wir brauchen dafür viele Sponsoren und Unterstützer und gründen deswegen einen gemeinnützigen Verein in Deutschland und hoffen auf viele Mitglieder, die etwas Wunderbares in der Kulturszene bewirken möchten.

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Danke Lito für das Gespräch. Ich wünsche dir viel Erfolg mit dem Festival in diesem und den kommenden Jahren! Also Leute, fahrt nach Griechenland es lohnt sich, fahrt nach Lesbos.

Text: Britta Smyrak

Fotos: ©Jean Francois Renaud, ©Stratis Kouniaris, ©Pantelis Thomaidis

 

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3 Kommentare

  • Beatrice sagt:

    Wahnsinn, was manche Menschen auf die Beine stellen! Bewundernswerte Frau!

    • Die Frau sprüht vor Energie, das ist unglaublich! Mir tut es immer wieder leid, wenn ich sehe, wie die Bevölkerung in manchen Ländern leidet, weil von heute auf morgen die Touristen panisch wegbleiben. Dabei wäre gerade jetzt der richtige Moment Solidarität zu zeigen. Reisen und Gutes tun!

  • Lito Dakou sagt:

    Liebe Beatrice, wäre es nicht eine gute Idee eine Festivalsreise nach Molyvos zu organisieren und dann darüber berichten?Ich könnte auf jeden Fall dabei helfen. Mit Empfehlungen und guten Preisen.

    Die Strände sind sauberer denn je, die Restaurants haben super leckeres und vielfältiges Essen, die Hotels und alle Leute sind bereit die Gäste zu empfangen und warten mit offenen Armen. Die vielen Sehenswürdigkeiten und die Thermalquellen warten darauf, besucht zu werden.
    Es ist kein Flüchtling mehr zu sehen und falls die Flüchlinge anfangen wieder zu kommen, sind alle jetzt vorbereitet. Ein toller Auffanglager, mit Ärztezimmer usw (außerhalb der Touristengegend!) ist seit Januar fertig und steht leer!! Es wird kein Tourist mehr mit Flüchtlingen konfrontiert.
    Molyvos und Lesbos brauchen Unterstützung. Vor allem jetzt. Die Touristen, vor allem dieses Jahr werden den Paradies auf Erden erleben!
    Lasst uns alle gemeinsam ein Beispiel daraus kontruieren und den Menschenzusammenhalt demonstrieren! Und bewegende kraft soll DIE MUSIK sein.Das Festival ist vom 16.-19. August 2016.

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