Just [dʒʌst] Juist.

Nette Ponys auf Juist

„Moin!“ Wer um halb vier nachmittags so begrüßt wird, befindet sich zwar noch in deutschen Gefilden, aber ganz sicher nicht im Süden. Und richtig: Es ist fünf Uhr am späten Nachmittag und wir haben soeben eine Punktlandung am Fähranleger Norddeich/Mole hingelegt, um die heute einzige Fähre zu unserer Trauminsel in der Nordsee zu erwischen. Die freundlich-friesische Begrüßung kam vom Parkplatzwächter. Hier haben wir unseren vierrädrigen Untersatz mit einem sanften Klaps auf den Kotflügel in den Ruhemodus verabschiedet: In den nächsten drei Wochen wird nur klare, salzige Meeresluft unsere Lungen füllen, Hufgetrappel von Pferdekutschen und Fahrradbremsen werden in unseren Ohren klingen.

Unser Ziel ist Juist Trauminsel in der Nordsee, eine der sieben bewohnten ostfriesischen Inseln im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer: Töwerland (Zauberinsel), wahlweise auch als längste oder schönste Sandbank der Welt bezeichnet. 17 km lang und 500 m schmal, durchgehender Sandstrand von Ost nach West. Doch noch ist es nicht soweit, erst einmal heißt es „Leinen los!“ auf der Frisia VI. Tideabhängig dauert die Überfahrt satte 90 Minuten, obgleich man zu jedem Zeitpunkt sowohl Festland wie Insel im Blick hat – es ist die Fahrrinne, die den Schiffen einen Zick-Zack-Kurs abverlangt und den urlaubssüchtigen Fahrgästen eine erste gesunde Lektion erteilt: Immer schön „sutje“ (gemütlich). Entschleunigung at it’s best, der Weg ist das Ziel.

Juist-entdecken-mit-Kind-Fahrraeder

Juist Trauminsel in der Nordsee

Urlaub ist aber auch immer Abenteuer und kann deshalb nicht früh genug beginnen. Finden vor allem unsere Kinder. Deshalb beginnt der erste Urlaubstag, ein Sonntag, auch bereits um sieben Uhr. Auf die Fahrräder, fertig, los! Zuerst geht es die Dünenwege hinauf in Richtung Strandpromenade, dann barfuß und mit einem Jubelschrei auf der anderen Seite zum Meer hinunter. Füße graben sich in den warmen, weichen Sand, die ersten Herz- und Schwertmuschelschalen verschwinden in Hosentaschen, endlos weit dehnt sich der Strand zum Meer hin aus. Dort dann die erste Zehenprobe: Ja, absolute Schwimmtemperatur! Und auch das wird gleich vor Ort in die Tat umgesetzt.

Juist entdecken mit Kind an den Strand Juist Trauminsel in der Nordsee

Watt, wandern?

„Sommerurlaub in Gummistiefeln und mit Neoprenanzug?“ Nicht nur eine Freundin hatte ihre Zweifel an meinen Urlaubsplänen mehr oder minder stark geäußert. Und trotz eines mit lässigem Lächeln gekonterten „Und Kreta bei 40° C im Schatten?“ war auch ich nicht ganz bedenkenfrei. Umsonst gesorgt. Das Wetter war (fast) durchwegs herrlich bei sanfter Brise, luftigen 25°–28° C und sonnenklarem Himmel. Tagelange Einladungen für Laissez-faire am Meer, im Strandkorb, beim Sonnenbaden, Wellenreiten und Sandburgenbauen. Kontaktfreudige Kinder und bewegungswillige Erwachsene aller Altersklassen finden sich zu jeder Tageszeit an den bevölkerten Strandabschnitten zusammen für eine Runde Beachsoccer oder -volleyball.

Muscheln im Watt auf Juist

Ein Muss ist die geführte Wattwanderung, bei der man barfuß durch den Schlick eine Menge über Artenvielfalt und Lebensweisen auf dem niedersächsischen Meeresboden erfährt und sich mit einigem Glück auch mal Aug in Aug mit einem Wattwurm wiederfindet. Oder man verköstigt sich auf einer Tour durch die Salzwiesen mit der hier gedeihenden „Salzstange der Ostfriesen“, die heute wieder zunehmend Eingang in die regionale Inselküche findet. Und natürlich gibt es mitunter auch mal Wind und Regen, sonst wären wir ja nicht an der Nordsee. Doch Juist gibt in der Saison genug her, um auch diese Zeiten zu überbrücken …

Strandhafer auf Juist Juist Trauminsel in der Nordsee

Insel-Highlights

Da ist zum Beispiel das Nationalparkhaus im alten Inselbahnhof, das unter anderem das Skelett eines 2001 vor der Insel gestrandeten Zwergwals samt schauriger Geschichte beherbergt.

Oder man besucht das legendäre Insel-Kino mit dem nostalgischen Flair, wählt einen Film aus dem aktuellen Programm und lässt sich in einen der tiefen roten Samtsessel sinken. Den Trick mit den sanft schimmernden Schirmlämpchen vor jedem Platz hat dabei gleich der jüngste Spross geknackt: Schaltet man die Lampe aus, kommt ganz dienstbeflissen der Kino-Kellner geeilt und fragt nach Speise- und Getränkewunsch. Da war selbst der Kleine sprachlos!

Das Meerwasser-Erlebnisbad eignet sich nach meiner Erfahrung nur für wirklich anhaltende Schlechtwetter-Tage: Es steht in keinerlei Konkurrenz zum Naturerleben an Meer und Strand. Wer die lieben Kleinen aber gerade gut untergebracht weiß, kann hier im Obergeschoß mit Freiterrasse saunieren oder sich einer wohligen Thalasso-Massage hingeben.

Nicht nur bei Schietwetter trifft man sich zur Teestunde in Lütje Teehus in Dorf oder im Loogster Stuv in Loog und zelebriert das ostfriesische Teezeremoniell. Die Kinder können sich derweil am nahen Schiffchenteich mit ihren Einmastern oder Rennbooten vergnügen.

Ein toller Ausflug für entdeckungsfreudige große und kleine Menschen ist eine Inselquerung von Ost nach West (oder umgekehrt), wahlweise in einer oder mehreren Etappen, mit der Pferdekutsche oder per Fahrrad. So lässt sich erst der Kalfamer am Ostende erkunden, dann radelt man am Flugplatz vorbei durch Ostdorf über Loog bis an den Hammersee, einen großen Süßwassersee , der auf verschlungenen Pfaden und durch dichten Zauberwald hindurch zu Fuß umrundet werden kann. 1651 war hier Schluss, eine schwere Sturmflut hatte die Insel zweigeteilt. Seit 1877 sind die beiden Inselteile wieder vereint und so geht es heute weiter bis zur Domäne Bill ans Westende der Insel – zum „Stuten essen“. Das Hefegebäck mit Rosinen wird hier vom Chef des gastfreundlichen Hauses jeden Morgen selbst gebacken und weil der Stuten gar so herrlich schmeckt, ist das Rezept natürlich: geheim! Gestärkt geht es dann weiter bis zum großen Sandriff am westlichen Ende der Insel. Bei Watt ist das weite, unberührte Riff ein echtes Naturschauspiel und mit einigem Glück erhascht man in der Ferne einen Blick auf die Seehundsbänke – die sich ansonsten per geführter Schiffstour ansteuern lassen.

Juist Trauminsel in der Nordsee

Fazit:

Drei Sommerwochen und kein bisschen Langeweile. Juist ist eine Insel zum Verlieben – wir danken den 1.500 Insulanern (und 150 Pferden) für Ihre Gastfreundschaft und ihren alljährlichen Langmut, ihre Zauberinsel mit uns Urlaubern zu teilen! Juist, Trauminsel in der Nordsee.

Juist Trauminsel in der Nordsee

Text und Fotos: Katharina Zeutschner

Juist Trauminsel in der Nordsee. Noch einen absolut lesenswerten Artikel mit vielen Anregungen und Tipps findet ihr hier bei Maike vom Reisetageblog.

Print Friendly, PDF & Email

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert