Ich freue mich auf ein Echo, wenn ich einen Jodler hinaus brülle

die Hüttenwirtin von der Flaggerschartenhütte

Einige lieben die Berge. Für Elisabeth Illmer, die Hüttenwirtin von der Flaggerschartenhütte, sind die Berge ihr Leben. Die ehemalige Lehrerin wandert seit ihrer Kindheit, hat die Bergspitzen sämtlicher Kontinente erklommen und inzwischen ihre Passion zum Beruf gemacht. Elisabeth lebt in den Sommermonaten auf 2481 Meter Höhe in den Sarntaler Alpen. Als Wanderführerin und Hüttenwirtin von der Flaggerschartenhütte, einer Schutzhütte in der südtiroler Provinz Bozen im Ostkamm, nordöstlich der Flaggerscharte am Flaggersee, vorsorgt sie Wanderer mit Unterkunft in Zirbenholzbetten und selbstgemachten Essen. Außerdem bietet sie selber Wanderungen und viele Veranstaltungen und Kurse rund um das Thema an, u.a. Yoga, Jodeln, Fotografie oder Meditation. Die Hütte ist ein idealer Ausgangspunkt für die Wanderungen auf die Jakobspitze, das Tagewaldhorn und viele andere alpine Exkursionen.

Ich traf Elisabeth auf einer Kinderführung in Mittenwald beim Hotel Sonnenbichl und war ganz hingerissen, von ihrer geduldigen, einfühlsamen, naturverbundenen Art, mit der sie die Kinder allen Alters (samt meinem inneren Kind) in den Bann zog. Sie zeigte ihnen Insekten und Käfer, erklärte einen Bienenstock, ließ sie vom frischen Honig naschen, zeigte ihnen Kräuter und deren Wirkungsweise und bug zum Schluss mit allen gemeinsam ein köstliches Brot aus frischen Sauerteig.

Ihre Ausgeglichenheit und ihr positiver Lebenssinn haben eine unglaubliche Wirkung auf alle Anwesenden gehabt. Ihr Leitspruch ist: „Man kann dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben!“ Ich musste unbedingt mehr über Elisabeth erfahren.

Was ist das Gefühl, das Dich auf Deinen Wanderschaften begleitet und das Dich seit Jahren hinaustreibt?

In der Natur empfinde ich innere Ruhe und Gelassenheit. Ich kann meinen Gedanken freien Lauf lassen und an ganz besonderen Plätzen bleibe ich spontan stehen. Ich freue mich auf ein Echo, wenn ich einen Jodler hinaus brülle!

flaggerschartenhuette-sonnenaufgang-kl

Viele Menschen denken, Wandern sei langweilig oder auch zu anstrengend. Was ist das Faszinierende am Wandern für Dich?

Das ganze Leben ist anstrengend und nur wer sich anstrengt, findet auch Zufriedenheit und innere Ruhe. Am Berg beim Wandern erlebe ich ein GEFÜHL –ich nenne es ENTSCHLEUNIGUNG – und genau diese Entschleunigung, die entsteht, wenn man Zeit in den Bergen verbringt, würde ich ganz besonders vielen Menschen wünschen. Wanderungen habe ich viele an vielen Orten gemacht, viele interessante Menschen getroffen und begleitet. Aber auch ab und zu habe ich ganz alleine, die Abgeschiedenheit mit den Bergen gesucht und unter freiem Himmel geschlafen, da kamen mir die besten Einfälle und Ideen. Ich liebe die Menschen

flaggerschartenhuette-tag

Elisabeth, Du bist schon als Kind auf den Berg hinauf. Was sind Deine ältesten Wandererinnerungen?

Als Kind im Schulalter war ich in den Sommermonaten mit meinen Geschwistern auf der Alm bei unserer Großmutter, die „Gustl Andl“. Sie war viele Jahre Sennerin auf den Eishöfen im Pfossental/Schnalstal. Da wurde uns nie langweilig, ich könnte viele nette Anekdoten erzählen, die sich ins Gedächtnis geprägt haben und die man nicht vergisst. Wir waren ständig auf Wanderschaft, auch der Schulweg war eine Wanderung mit vielen Kinder und netten Erlebnissen.

Oft kamen wir zu spät in die Schule, aber wir schrieben immer die besten Aufsätze, die Geschichten gingen uns nie aus!

elisabeth-portraet

Was brauche ich, um eine gute Wanderin zu werden?

Es gibt nur gute Wanderer, andere begeben sich nicht in die Berge zum Wandern, die bleiben im Trubel der Stadt. Lernen sollte man nur die eigene Kraft richtig einzusetzen und sich nicht übernehmen. Das Wetter muss man in den Bergen absolut respektieren und beobachten.

Welche Gäste kommen zu Dir, gibt es besonders beeindruckende Begegnungen?

Bei uns ist der sanfte Tourismus zu finden, meist habe ich recht gemütliche Gäste, wenn nicht gerade der Ultrarace vorbeiläuft. Beeindruckende Begegnungen gibt es alle Tage, jeder Gast ist für mich ein besonderer und ich versuche die müden Geister aufzumuntern. Besonders überrascht sind sie, wenn ich meinen Schusterkleber und ein paar Zwingen aus der Werkzeugkiste hole und ihre kaputte Schuhsolen repariere.

Solche Kleinigkeiten machen meine Gäste glücklich.

flaggerschartenhuette-nachts

Wie hast Du Wandern mit Beruf und Familie vereinbaren können?

Wie ich noch in der Schule unterrichtet habe, versuchte ich oft durch verschiedene Angebote, z.B. mit Unterricht im Freien die jungen Leute für die Natur zu begeistern. Auch im Winter habe ich Projekte mit Iglu bauen und ein bisschen Überlebenstraining durchgeführt und meistens kamen diese Sachen gut an. Auf der Flaggerschartenhütte ist für mich ein Traum in Erfüllung gegangen: Ich habe die Schule nach 32 Jahren hinter mir gelassen und bin in den Sommermonaten glücklich in der freien Natur, dem Himmel so nah. Meine Kinder kommen mich regelmäßig besuchen hier oben.

Vielen Dank, Elisabeth! Berg heil!

 

Fotos: Verena Schulemann & Joachim Wendenburg

Print Friendly, PDF & Email

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert